Mittelschwaebische Nachrichten
Lernt Italien aus den Fehlern der Vergangenheit?
Dass ein Schock heilsam sein kann, behauptet nur, wer nicht von diesem angsterfüllenden Moment betroffen ist. Und – wenn es gut läuft – jene, die Jahre später behaupten können: Durch diesen einschneidenden Augenblick nahm mein Leben eine Wendung zum Guten. So wie der Kettenraucher, der dem Nikotin nach einem Herzinfarkt abschwört, statt wenig später dem Lungenkrebs zu erliegen.
Für Gianluigi Buffon und die anderen alternden italienischen Heroen wird dieser Schock niemals eine heilsame Wirkung entfalten. Ihre Karriere im Nationaltrikot ist vorbei. Geendet mit der schlimmsten Schmach in der Geschichte des italienischen Fußballs. Verspielt hat die Squadra Azzurra die Teilnahme an der WM aber nicht mit dem 0:0 gegen Schweden. Das war lediglich der Stoß von einer Klippe, die senkrecht in die Tiefe führt.
Das Team scheiterte bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften bereits in der Vorrunde. Während der letzten EM schwang sich das Team nochmals zu einer taktischen Glanzleistung auf, konnte aber auch da schon nicht über mangelndes Talent hinwegtäuschen. Nun fehlten Nationaltrainer Gian Piero Ventura die nötigen Kniffe, um sein Team wenigstens zu einem Treffer in 180 Minuten gegen Schweden zu führen.
Somit steht der italienische Fußball vor dem gleichen Dilemma wie die deutsche Nationalmannschaft zu Beginn des Jahrtausends. Die fürchterliche EM 2000 beendete die Karrieren von Erich Ribbeck und Lothar Matthäus gleichermaßen. Vier Jahre später trat Rudi Völler nach einer erneut frühzeitig beendeten Europameisterschaft zurück. Da aber waren die Reformen bereits eingeleitet, von denen Joachim Löw heute profitiert.
Deutschlands Juniorennationalteams gehören zur Weltspitze, italienische werden in den Siegerlisten vermisst. Das Konzept der Nachwuchsförderung hat sich sogar bis nach England herumgesprochen und mit dem WM-Sieg der U20 in diesem Jahr erste Früchte getragen. Bei den Briten brauchte es freilich vieler Schockerlebnisse, ehe sie darauf reagierten.
Die auf dem Fußballfeld so clever taktierenden Italiener werden aus dem WM-Aus schneller Konsequenzen ziehen. Für Buffon aber kommen sie zu spät.