Mittelschwaebische Nachrichten
Die britische Superwaffe zeigt erstmals, was in ihr steckt
Der Name ihrer Stadt ist bald untrennbar mit einer historisch bedeutsamen Schlacht verbunden. Darauf hätten die Einwohner von Cambrai, zwischen Saint-Quentin und Arras im heutigen Départment Nord und der Region Hauts-de-France, aber gerne verzichtet. Die Stadt ist seit August 1914 in den Händen der Deutschen. Als großer Eisenbahnknotenpunkt hat sie enorme strategische Bedeutung – und ist gut geschützt hinter der Siegfriedstellung, der mächtigen deutschen Verteidigungsstellung. Eine der größten deutschen Garnisonen an der Westfront ist in Cambrai stationiert, Paul von Hindenburg hat hier sein Hauptquartier. Hier wollen die Briten nach einer Reihe desaströser Fehlschläge eine Entscheidung im erstarrten Stellungskrieg erzwingen.
Am 20. November 1917 um 6.20 Uhr starten sie einen Überraschungsangriff mit ihrer bislang so wirkungslosen Wunderwaffe. 476 Tanks, heute sagt man Panzer, sollen die deutschen Schützengräben überrollen und breite Schneisen schlagen für die Infanterie. Die Deutschen werden im wahrsten Sinne des Wortes überrollt von der Wucht dieser Attacke, viele Einheiten können nur noch fliehen. Schon am Abend des ersten Tages stehen die Panzer gut neun Kilometer tief in deutschem Gebiet, sind fast 8000 Soldaten gefangen. Die erste große Panzerschlacht der Geschichte läuft. Und erstmals zeigt die Waffe ihre Stärke.
Das Gelände um Cambrai ist steinig und trocken. Ganz andere Bedingungen für die schweren und trägen Tanks als bei den vorherigen, kläglich gescheiterten Einsätzen im sumpfigen Flandern. Bald zeigen sich aber auch die Nachteile dieser Strategie. Der Nachschub bleibt aus. Zu lange dauert es, bis auf den zerstörten und verstopften Straßen neue Kräfte und Material die Front erreichen. Dazu kommt: Der Überraschungseffekt nutzt sich schnell ab. Die Moral der deutschen Truppen ist immer noch gut und der von General Erich Ludendorff organisierte Gegenangriff ist effektiv: Kleine Stoßtrupps brechen die britischen Linien immer wieder auf, unterstützt von Giftgas drängen die Deutschen die Angreifer genauso schnell wieder zurück, wie sie eingebrochen waren.
Im Ergebnis scheitert die britische Offensive erneut. Die Verluste auf beiden Seiten sind immens: 44000 Tote, Verletzte und Vermisste gibt es auf britischer Seite, davon 6000 Gefangene. Bei den Deutschen sind es 45000, davon 10000 Gefangene. Gewonnen haben beide Seiten nur an viel zu teuer erkaufter Erfahrung.