Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn der Postmann seltener kommt
In Dänemark ist es längst Alltag: Briefe werden dort nur zwei Mal die Woche nach Hause gebracht. Nun hat die Post ausprobiert, ob das Modell auch in Deutschland funktionieren könnte
Kopenhagen Noch keine Weihnachtspost verschickt? Keine Panik. Die Post verspricht: Wer seine Karte bis zum 21. Dezember einwirft, wünscht noch rechtzeitig „Frohes Fest“. Hierzulande jedenfalls. In Dänemark dagegen müsste man dann schon „Frohes Neues“auf die Karte schreiben. Für Weihnachtsgrüße per normalem Brief ist es zu spät. Stichtag: 18. Dezember. Denn in Dänemark ist längst Realität, was in Deutschland gerade erprobt wurde: Der Postbote kommt nicht mehr so oft wie früher.
In Deutschland ist die Post noch verpflichtet, an jedem Werktag überall Briefe zuzustellen. In den vergangenen Monaten jedoch hat sie ausprobiert, ob das überhaupt noch nötig ist. Ausgewählte Kunden konnten aussuchen, ob sie ihre Briefe ein halbes Jahr lang gesammelt an einem oder drei Wochentagen bekommen wollten.
Eine Woche für einen Brief, das ist in Dänemark nichts Ungewöhnliches. Fünf Tage darf es dauern, bis ein Umschlag seinen Adressaten erreicht hat – es sei denn, man zahlt extra für einen „quickbrev“, einen Schnell-Brief. Doch auch die kommen nicht immer am nächsten Tag an. Samstags hat der Briefträger nämlich generell frei. Normale Briefe werden bei den Nachbarn im Norden derzeit noch etwa zweimal die Woche ausgetragen. Bald soll es nur noch einmal in der Woche sein.
Die dänische Post reagiert damit auf eine stark abnehmende Zahl von Briefen, die ihr in den vergangenen Jahren enorme finanzielle Schwie- rigkeiten eingebrockt haben. Heute werden fast 80 Prozent weniger Briefe verschickt als noch zur Jahrtausendwende. Allein in den ersten neun Monaten 2017 sank die Menge um 20 Prozent. Im vergangenen Jahr stand bei der dänischen Post deshalb vor Zinsen und Steuern ein saftiges Minus von rund 140 Millionen Euro.
Auch in Deutschland schrumpft das Geschäft mit den klassischen privaten Briefen, seit E-Mails, WhatsApp und Facebook immer wichtiger geworden sind. Doch Pri- vatkunden sind für die Deutsche Post längst nicht so wichtig wie Geschäftskunden, die für rund 85 Prozent des Briefvolumens sorgen.
Darauf kann die dänische Post nicht setzen, denn fast alle Behördenund Geschäftspost funktioniert hier papierlos. Jeder Däne hat ein elektronisches Postfach, in dem er so ziemlich alles vom heimischen Sofa aus erledigen kann: einen neuen Pass beantragen, den Arzt wechseln oder Bafög beantragen.
Die dänische Post steht vor einem Strukturwandel. „Wir machen aus einem Postunternehmen mit ein wenig Logistik ein Logistikunternehmen mit ein wenig Post“, erläuterte Post-Chef Peter Kjaer Jensen der Zeitung Politiken. Die Zukunft heißt Pakete – denn der Onlinehandel wächst genau wie in Deutschland.
Wenn das so weitergehe, meint Jensen, könnten Pakete bald nicht nur samstags, sondern sogar sonntags ausgetragen werden. Dann kommt die Weihnachtspostkarte zwar vielleicht nicht mehr rechtzeitig – das Weihnachtsgeschenk aber schon.