Mittelschwaebische Nachrichten
Krach bei den Kraxlern
Kletterhallen boomen, auch in der Region. Doch zwischen privaten und gemeinnützigen Betreibern brodelt es
Augsburg Sobald Kinder laufen können, wollen sie nur eines: rauf! Auf den Stuhl, auf die Treppe, auf das Klettergerüst. Diesen Drang haben viele Menschen ihr Leben lang. Einer der Gründe, warum Kletterhallen einen extremen Zulauf haben. Das Geschäft boomt – aber immer wieder gibt es Streit. Denn oft fühlen sich private Betreiber gegenüber gemeinnützigen wie dem Deutschen Alpenverein (DAV) benachteiligt. Sabina Fertig-Wesemann redet nicht groß drum herum: „Ich finde es ungerecht. Wir haben es deutlich schwerer“, sagt die Geschäftsführerin des Augsburger „Sportkreisel“, wo schon vor 30 Jahren geklettert wurde. „Wir bekommen nicht diese Förderung. Man muss höhere Preise verlangen, wodurch weniger Leute kommen.“Hinzu kämen niedrigere Gewinne, weil die versteuert werden müssen. DAV-Kletterhallen indes behandelt der Fiskus als „Zweckbetriebe“. Überschüsse sind steuerfrei.
Die Diskussion um Wettbewerbsvorteile gibt es seit langem. Und sie beschäftigt auch die Justiz. Derzeit wird vor dem Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg gestritten. Auch in Hessen wurde schon über die Frage debattiert, ob der DAV die Grenze vom Vereinsleben zum Kommerz überschreitet. Das Darmstädter Amtsgericht urteilte, dass sich die örtliche DAV-Sektion mit ihrer Kletterhalle als Gewerbe ins Handelsregister eintragen muss. Sollte das hessische Beispiel Schule machen, könnten dem Alpenverein Steuervorteile verloren gehen, Kommunen und Bundesländer müssten ihre Förderung überdenken.
Beim DAV glaubt man nicht, dass der Verein Nachteile bekommen könnte. Der Darmstädter Alpenverein müsse schließlich nicht aus dem Vereinsregister gelöscht werden. Und der zusätzliche Eintrag im Handelsregister bringe keine nennenswerten Konsequenzen mit sich, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverbandes, der sich auf das hessische Urteil aus dem Jahr 2014 bezieht. Die Auseinandersetzung bringt auch Matthias Hill, Geschäftsführer der Alpenvereinssektion Allgäu-Immenstadt, nicht aus der Ruhe. Hill zufolge ist der Betrieb von Kletterhallen laut Satzung ein Vereinszweck des DAV, ähnlich wie etwa der Bau und der Unterhalt von Hütten und Wegen. „Wir machen das nicht als Gewerbe.“Bei der Versteuerung der Eintrittsgelder werde unterschieden zwischen einem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent bei Nichtmitgliedern und von sieben Prozent bei Vereinsangehörigen.
Auch Ulrich Kühnl, der Vorsitzende des DAV Augsburg, glaubt nicht, dass es negative Auswirkungen geben könnte. Schon gar nicht für das neue Kletter-Landesleistungszentrum in Augsburg. Das sei als Mischbetrieb von Leistungs- und Breitensport nicht mit „normalen“Kletterhallen vergleichbar. „Bei der öffentlichen Förderung des Freistaats handelt es sich hier um keine Finanzierung des breitensportlichen Kletterbetriebs, sondern vielmehr um Zuschüsse für die leistungssportliche Nutzung der Anlage durch die Sportkletterer Bayerns, wie auch für den Schulsport und die Jugendförderung“, äußert sich Kühnl in einer Stellungnahme. „Das Mischkonzept ist klar auf Gemeinnutz und Kostendeckung und nicht auf Gewinnerzielung ausgelegt.“