Mittelschwaebische Nachrichten
Raus aus der Prärie
Pick-ups sind nicht nur für Handwerker oder Landbewohner interessant, sondern erobern als Lifestyle-Laster mehr und mehr auch die Städte. Sie kosten in der Anschaffung relativ wenig, bringen aber im Betrieb durchaus Nachteile mit sich
Trittbretter, Überrollbügel und eine große offene Ladefläche: Klassische Pick-ups gehören in Ländern mit weiten Flächen und leeren Straßen wie den USA – dort dominieren sie derzeit auch die Detroit Motor Show – zum Straßenbild. „Ursprünglich dienten sie dort den Farmern als Nutzfahrzeuge. Alles, was sie nicht im Auto haben wollten, transportieren sie auf der Ladefläche“, sagt Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE). Heutige Lifestyle-Pick-ups aber stehen zum Teil bei Ausstattung und Komfort normalen Autos in nichts nach.
Die Alleskönner setzen meist auf eine Starrachse, bei der die Räder durch einen starren Träger verbunden sind. Starrachsen arbeiten robust und zuverlässig, bieten aber weniger Fahrkomfort als eine Einzelradaufhängung. Durch eine hohe Bodenfreiheit, meist optional verfügbarem Allradantrieb mit einem Untersetzungsgetriebe sowie Differenzialsperre sind die Pritschenfahrzeuge für den Einsatz im Gelände gemacht – zum Beispiel für das Baugewerbe, für Jäger, Landwirte, die Forstwirtschaft oder Landschaftsgärtner.
Durch verschiedene Karosserieaufbauten und Antriebe lassen sich Pick-ups für unterschiedliche Einsatzzwecke konfigurieren – zum Beispiel, um Sportgeräte zu transportieren. Mit einer Absetzkabine wird ein Pick-up zum geländegängigen Reisemobil. Sie erlauben eine Menge Zuladung, teilweise eine Tonne und mehr. Je nach Modell ziehen sie auch bis zu 3,5 Tonnen schwere Anhänger, auf denen beispielsweise Sportboote oder Pferde geladen sein können.
Immer mehr Hersteller bringen Pick-ups auf den Markt. Mittlerweile haben sie Ford, Fiat, Nissan, Renault, Toyota, Mitsubishi, Mazda, VW und seit Neuestem auch Mercedes in ihrer Produktpalette. Die X-Klasse teilt sich die technische Basis mit dem Nissan Navara und dem Renault Alaskan. LegenRobuste där ist die F-Serie von Ford. Seit 1948 hat der amerikanische Hersteller über 26 Millionen Fahrzeuge aus dieser Baureihe verkauft. Seit 1982 ist die F-Serie das meistverkaufte Auto in den USA. In Deutschland gibt es seit 1989 das kleinere Modell Ranger.
Im Vergleich zu großen SUVs und Geländewagen kosten Pick-ups oft deutlich weniger in der Anschaffung, haben allerdings meist einen höheren Kraftstoffverbrauch. Technisch ist die Karosserie eines Pick-ups ähnlich aufgebaut wie bei einem Lkw: Auf einem Rahmen sind das Fahrwerk mit Blattfedern sowie die Antriebstechnik angebracht. Eine meist in Fahrerkabine und Ladefläche zweigeteilte Karosserie ist aufgesetzt. Das KraftfahrtBundesamt (KBA) führt Pick-ups deshalb entweder unter Lkw oder im Pkw-Segment bei den sogenannten Utilities, was sich mit Mehrzweckfahrzeugen umschreiben lässt. „Pick-up-Fahrzeuge sind meist als Lkw zugelassen“, sagt Thorsten Rechtien, Sachverständiger beim TÜV Rheinland. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ist der Pick-up nach der Fahrzeugklasse N1/BA zugelassen. Das sind Fahrzeuge zur Güterbeförderung bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht und der Aufbauart Lkw. Oder er ist nach der Fahrzeugklasse N1/BE zugelassen – als Lkw mit der typengenehmigten Aufbauart Pick-up. Lkw erfüllen meist andere Abgas- und Geräuschvorschriften als Pkw, eine Umschlüsselung zum Pkw ist daher nachträglich nicht mehr möglich.
Bei der Versicherung haben Käufer keine Wahl: Ist ein Pick-up als Lkw zugelassen, muss er als Lkw versichert werden, erklärt der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Für Lkw ist immerhin die KfzSteuer günstiger. Doch Pick-ups profitieren nicht automatisch davon. „Das Finanzamt bemisst die KfzSteuer bei solchen Fahrzeugen nicht nach den Fahrzeugpapieren“, erklärt Mühlich, „sondern nach dem Verhältnis der Größen von Fahrzeugkabine und Ladefläche.“Nur wenn die Ladefläche größer als die Fahrzeugkabine ist, kann der Pickup auch als Lkw besteuert werden. Bei Modellen mit Doppelkabine und fünf Sitzplätzen handle es sich dagegen steuerrechtlich meist um einen Pkw. Die Einstufung als Pkw koste mehr Steuern – dafür sei die Versicherung günstiger.
Im Alltag kann die Größe von Pick-ups zum Hindernis werden. „Mit meist deutlich über fünf Metern Länge und zwei Metern Breite sind Parkhäuser und die linke Spur in Autobahnbaustellen tabu“, erklärt Mühlich. Auch die Parkplatzsuche auf der Straße kann sich schwierig gestalten. Zum Schutz vor Diebstahl oder Regen können Besitzer eine Plane oder Haube montieren. Das schränkt aber die Ladekapazität ein. Für viele Gewerbebetriebe rechnet sich deshalb ein Pickup nicht, sie setzen auf Pritschenwagen.