Mittelschwaebische Nachrichten
Das Schöne am Handball
Welcher normale Mensch, der vor die Aufgabe gestellt ist, einen Ball in ein Tor zu befördern, würde dafür die Füße einsetzen? Sonderlinge und Brasilianer ausgenommen, würde jeder den Ball in mit der Hand ins Tor werfen. Genau wie Handballer es tun. Darüber hinaus ist ihr Spiel Artistik, Zauber, Kunst und Drama. Menschen fliegen auf geheimnisvollen Routen durch Räume – und ehe unsereins verstanden hat, warum sie das tun, saugt ihre Wurfhand den Ball an, zappelt das Runde im Eckigen. Wem das zu schnell geht, der sieht den Flieger noch immer in der Luft stehen, weil es eben eine Weile dauert, bis er aus gefühlten 4,80 Metern Höhe wieder Boden unter die Füße bekommt.
Zu besichtigen war das alles am Mittwochabend beim letzten EMGruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Mazedonien. Vor dem deutschen Tor herrschte ein Verkehr, wie er dichter auch am Münchner Flughafen nicht sein könnte. Das Publikum sah staunend Richtung Hallendecke, während sich im Erdgeschoss mazedonische 120-Kilo-Blöcke ballerinnenartig in deutsche Riesen hineinschraubten.
Handball zehrt an den Nerven. Man will nicht mehr hinsehen – und mag trotzdem die pralle Blase nicht leeren. Handballspiele enden, wie das gegen Mazedonien, gelegentlich 25:25, aber nie 0:0. Die deutsche Mannschaft hat im Laufe der ersten EM-Woche eine Vorliebe für das Dramatische entwickelt. Sie spielt zwar noch nicht so, wie es einem Titelverteidiger geziemt, aber sie reißt mit. Nachdem, was wir bisher gesehen haben, ist für die Partie heute Abend gegen Tschechien mit reichlich Flugverkehr, Videokonferenzen und dem spielentscheidenden Siebenmeter eine halbe Stunde nach der Schluss-Sirene zu rechnen. Darum frühzeitig zur Toilette gehen.