Mittelschwaebische Nachrichten
Kerbers gelungener Geburtstag
Die ehemalige Nummer eins der Welt feiert ihren Jubeltag mit einem Sieg. In der kommenden Runde wartet nun aber die erste richtig hohe Hürde
Melbourne Nach dem Geburtstagsständchen der Zuschauer im Stadion wünschte sich Angelique Kerber ein Eis zur Abkühlung, abends ein Glas Wein am Strand – und erst dann wollte sie sich mit ihrer nächsten Gegnerin Maria Scharapowa beschäftigen. „Ich weiß, was auf mich zukommt. Ich rechne mit einer starken Scharapowa“, sagte die letzte verbliebene deutsche Tennisspielerin vor dem prickelndsten aller Drittrunden-Matches bei den Australian Open an diesem Samstag. Bei Temperaturen von fast 40 Grad Celsius versuchte Kerber, sich an ihrem 30. Geburtstag nicht länger als nötig auf dem Platz aufzuhalten. „Man denkt, ein Föhn bläst einem die ganze Zeit ins Gesicht, meine Schuhe haben sich so heiß angefühlt wie selten“, sagte die Kielerin nach ihrem 6:4, 6:1-Erfolg gegen die Kroatin Donna Vekic. Während der Seitenwechsel packte sie sich permanent Eis-Handtücher in den Nacken.
15 Monate war Scharapowa wegen Doping gesperrt, die Branchenwertung weist sie aktuell nur noch als Nummer 48 aus. Doch alleine aufgrund ihres unerschütterlichen Selbstbewusstseins, ihres ungebrochenen Ehrgeizes und ihrer Erfolge in der Vergangenheit gilt die Australian-Open-Siegerin von 2008 und fünfmalige Grand-Slam-Gewinnerin als eine der unangenehmsten Protagonistinnen im Feld. Kerber indes befreit sich mehr und mehr aus ihrer Krise. Elfmal in Serie hat sie nun nicht mehr verloren. Beim Hopman Cup gewann sie all ihre Einzel, beim WTA-Turnier in Sydney feierte sie ihren ersten Titel seit den US Open 2016. Und auch bei den Australian Open tritt sie bislang wieder so auf wie im Jahr ihres mär- Aufstiegs. Das bekam auch Vekic während der 70 Minuten zu spüren.
Den Blick in die Box ihrer Gegnerin und zu ihrem Ex-Coach Torben Beltz vermied Kerber während des Matches, doch in den Katakomben wurden später Glückwünsche ausgetauscht. „Er hat mir gratuliert, wir haben uns ganz normal unterhalten“, erzählte Kerber tiefenentspannt. Nur über den umstrittenen Auftritt Scharapowas, die bei der Auslosung die Trophäe präsentiert und eine Debatte über den Umgang mit der einst wegen Doping gesperrten Russin ausgelöst hatte, wollte Kerber nichts sagen. Anchenhaften schließend zeigte sie sich großzügig, als sie das Geburtstagstorten-Geschenk der Turnierleitung zwar anschnitt, den Großteil aber im Pressezentrum auftischen ließ.
Neben Kerber hat auch Alexander Zverev die dritte Runde erreicht. Nach seinem Sieg im deutschen Duell mit Peter Gojowczyk trifft er auf den Südkoreaner Chung Hyeon. Die größte Überraschung des Tages gelang Maximilian Marterer. Der 22 Jahre alte Nürnberger rang den Spanier Fernando Verdasco in fünf Sätzen nieder. „Das war das schönste und wichtigste Match meiner Karriere“, sagte Marterer. Andrea Petkovic hingegen verabschiedete sich mit einem 6:4, 0:6, 0:6 gegen Lauren Davis. Jan-Lennard Struff verpasste beim 4:6, 4:6, 6:7 eine Überraschung gegen Titelverteidiger Roger Federer. Lansing Ex-Turnerin Kyle Stephens brach in Weinkrämpfe aus, Richterin Rosemarie Aquilina forderte harte Konsequenzen. Am zweiten Tag des Missbrauchsprozesses gegen den ehemaligen Arzt des USTurnverbandes, Larry Nassar, rückte eine Rekordstrafe immer näher. „Der nächste Richter, dem er sich stellen muss, wird Gott sein“, sagte Aquilina dem US-Sender NBC News zufolge. „Er wird niemals mehr frei sein.“
Das Strafmaß für Nassar soll am Freitag verkündet werden. Der 54-Jährige hatte im November zugegeben, sieben minderjährige Turnerinnen sexuell belästigt und seine Position als Vertrauensarzt beim Verband ausgenutzt zu haben.
Fast 140 Turnerinnen haben Klagen gegen ihn eingereicht, etwa 90 von ihnen kommen in dem Prozess zu Wort. Auch prominente USTurnerinnen haben gegen Nassar ausgesagt, unter ihnen die viermalige Rio-Olympiasiegerin Simone Biles. Eindrucksvoll trat vor allem Nassar-Opfer Kyle Stephans auf und nannte den Ex-Mediziner einen „abscheulichen Lügner“. Nassar habe seine sexuellen Neigungen ausgelebt und mit „medizinischen Behandlungen“gerechtfertigt, die der Entspannung der Beckenmuskulatur dienen sollten.
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