Mittelschwaebische Nachrichten
Dicker Brocken und Hängepartie
Mit dem Areal Pro geht es weiter voran. Das Unternehmen Transgourmet wird dort ein Zentrallager für ganz Süddeutschland errichten. Doch eine andere Planung stockt
Leipheim/Ulm Das Gewerbegebiet Areal Pro bekommt seinen bislang größten Kunden: Wie gestern auf der Zweckverbandssitzung bekannt wurde, will das Unternehmen Transgourmet Deutschland an einem weiteren Standort (13 gibt es insgesamt in Deutschland) präsent sein. In dem interkommunalen Gewerbegebiet, an dem die Städte Günzburg und Leipheim, die Gemeinde Bubesheim und der Landkreis Günzburg beteiligt sind, soll ein Zentrallager für ganz Süddeutschland entstehen. Auf insgesamt 10,7 Hektar, so ist die Absicht, wird das in der Lebensmittelproduktion tätige Unternehmen bis zum Jahr 2021 seinen Betrieb aufnehmen. Noch ist der Kaufvertrag nicht unterschrieben, „aber eine feste Zusage ist da“, sagt Christian Zimmermann, der Geschäftsstellenleiter des Zweckverbandes.
Gestern wurden in der Verbandsversammlung die Einwendungen und Anmerkungen der Träger öffentlicher Belange erörtert. Von den 36 angeschriebenen Institutionen haben elf ihre Stellungnahmen vorgebracht, sagte der beauftragte Architekt Erwin Zint vom Stadtplanungsbüro Zint & Häußler (NeuUlm). Einige davon betreffen Transgourmet. Befürchtet wurde, dass hier eine Konkurrenz zum innerstädtischen Einzelhandel entstehen könnte. Aber solche Betriebe dürfen sich im Areal Pro laut Satzung ohnehin nicht ansiedeln. Und die Transgourmet Holding, die vor sieben Jahren vom Schweizer Großhandelsunternehmen Coop vollständig übernommen wurde, verkauft auch nicht an Endverbraucher. Der Gastronomie- und Gewerbegroßhandel ist das Geschäft. Vom Besenstiel über vielerlei Lebensmittel bis hin zu Großkücheneinrichtungen liefert der Vollsortimenter beispielsweise an Krankenhäuser, Heime, Kantinen und andere Gastronomiebetriebe. Ob der TransgourmetStandort im Ulmer Norden nach Leipheim ganz oder teilweise verlagert wird oder ob beide Lager parallel betrieben werden, kann aus heutiger Sicht nicht gesagt werden: Diese Auskunft gab der nationale Logistikleiter Christoph Nörtershäuser auf Nachfrage. Fakt sei, dass die Lager verschiedene Aufgaben hätten. Vom Zustelllager in Ulm-Lehr wür- den etwa 1000 Kunden am Tag beliefert. Und von Leipheim aus werden in einigen Jahren diese kleineren Verteillager gespeist. Allein mit dieser einen weiteren Firma, die im Teil-Bebauungsplan „Südwestlich der Rollbahn“auf dem ehemaligen Leipheimer Fliegerhorstgelände entstehen wird, beläuft sich die Zahl der im Gewerbegebiet geschaffenen Arbeitsplätze auf rund 1600. Bis zu 500 Beschäftigte werden bei Transgourmet arbeiten.
Wird deshalb die Verkehrsbelastung insgesamt zum großen Problem? Das sah der Günzburger Stadtrat vor gut einem Monat so und stimmte gegen das gut 15 Hektar große Gewerbegebiet, das aufgeplant worden ist. Gestern allerdings waren die drei Günzburger Verbandsräte Gerhard Jauernig, Simone Riemenschneider-Blatter (beide SPD) und Günter Treutlein (CSU) allesamt für jenen siebten Bebauungsplan, um den es gerade geht.
Den scheinbaren Widerspruch erklärt der Günzburger Oberbürgermeister Jauernig mit folgendem Satz: „Unsere Bedenken als Stadt konnten entkräftet werden.“Durch die erfolgte Ertüchtigung soll die Kreisstraße GZ 4 (Rudolf-WanzlStraße) mit einem farblich hervorgehobenen Multifunktionsstreifen und der Anbindung an die Autobahn über zwei Kreisverkehre den zusätzlichen Verkehr aufnehmen können – selbst wenn das Areal Pro mit insgesamt 112 Hektar komplett entwickelt ist. Das ist das Ergebnis einer entsprechenden Analyse. Gleichwohl gibt es in den betroffenen Kommunen nach wie vor Diskussionen über eine alternative Verkehrsführung.
Weiter unklar ist, ob südlich des jetzt geplanten Gewerbegebiets das Gaskraftwerk der Projektpartner Stadtwerke Ulm (SWU) und Siemens kommt. Im Sommer hatten zwei riesige Heizöllagertanks mit einem Fassungsvermögen von 20 Millionen Litern Kritik ausgelöst. Mit ihrem Inhalt soll das Gaskraftwerk falls nötig für eine bestimmte Zeit betrieben werden können. Doch die Größe und die Positionierung der Tanks auf dem Gelände hätte in andere Gewerbeansiedlungen eingegriffen. Sollten die Tanks zum Beispiel durch ein Unglück explodieren, wird mit größeren Zerstörungen innerhalb eines Radius’ von 179 Metern gerechnet. Dieser „Achtungsabstand“muss daher eingehalten werden. Die SWU stellten daher eine geänderte Planung vor. Ein entsprechender Änderungsantrag liegt aber bis heute der Regierung von Schwaben nicht vor. Vier Monate sind seither vergangen. Der Günzburger Oberbürgermeister deutete an, wie er den Stillstand bewertet. „Das kommentiere ich jetzt nicht“, sagte er im öffentlichen Teil der Sitzung. Auf Rückfrage unserer Zeitung hat Jauernig zu erkennen gegeben, dass er „von diesem Endlos-Thema, von der jahrelangen Hängepartie“offenbar nicht mehr viel hält. Die Erwartungen an die Zahl der Arbeitsplätze und die Höhe der Gewerbesteuer können durch die aktuellen Planungen offensichtlich nicht annähernd erfüllt werden. So beurteilt es jedenfalls der Günzburger Rathauschef, der „die ständigen Zeitverzögerungen, für die die Stadtwerke Ulm nicht allein etwas können“, moniert. Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche einer möglichen „Jamaikakoalition“stehen jetzt Union und SPD vor Regierungsverhandlungen, wenn sie überhaupt kommen. Investoren warten bislang vergeblich auf politische Rahmenbedingungen des Bundes, die den Bau und den Betrieb von Gaskraftwerken rentabel machen. Jauernig stellt eine ganz grundsätzliche Frage: nämlich die, ob ein Gaskraftwerk an diesem Ort „überhaupt noch sinnvoll erscheint“.