Mittelschwaebische Nachrichten
Koi-Karpfen und andere Roboter
Nein, die Südkoreaner sind nicht Handy-süchtig. Sie können nichts dafür. Sie werden so geboren. Das Mobilphone ist an der Hand angewachsen. Deshalb gibt es in Pyeongchang und im Rest des Landes WLAN eigentlich überall: im Bus, in der Tiefgarage, im Supermarkt.
Überhaupt ist der Südkoreaner verspielt und den neuesten Entwicklungen der Technik gegenüber aufgeschlossen. Im Gang der Frühstücks-Tiefgarage schreckt der Olympiafahrer aus dem Halbschlaf, weil unvermittelt ein Roboter vor seine Füße fährt. Der kleine Bruder von R2-D2 ist als Servicekraft unterwegs und projiziert Bilder und Filme auf den Teppichboden. Im Repertoire hat der fahrende Plastikzwerg die Wettervorhersage für den Olympiatag oder er zeigt Bilder vom gestrigen Eiskunstlaufen.
Im Schreibraum des Mediendorfes von Gangneung muss der Reporter nicht mehr aufstehen, um sich eine Wasserflasche zu holen. Der Wasserflaschen-Roboter kommt zum Platz gefahren, öffnet sein Fach und bietet frisch gekühlte Getränke an.
Das zentrale Medienzentrum von Pyeongchang ist nicht nur sauber, sondern rein und besticht durch einen gepflegten Teppichboden. Hier arbeitet der große Bruder von R2-D2. Ein fast ein Meter hoher Saugroboter läuft unermüdlich den Gang rauf und runter. Kommen ihm Besucher in die Quere, lässt er höflich den Vortritt.
Ein Gebäude weiter schießen die Koreaner jedoch den Vogel ab – mit Fischen. Der unbedarfte Europäer tritt beim ersten Besuch freudig an das Aquarium. Gute Idee der Spielemacher. In all dem Gewusel und Trubel der Olympischen Spiele setzten sie einen Gegenpol. Ruhe, Entspannung, Kontemplation – Zierfische ziehen gemächlich ihre Bahnen. Von links nach rechts, von oben nach unten. Der Laie meint einen Koi-Karpfen ausmachen zu können. Die haben doch so orange Muster auf den Schuppen.
Doch beim näheren Betrachten schüttelt der Gast ungläubig den Kopf: Fisch-Roboter schwimmen hin und her, stoßen mit dem Kopf an die Scheibe und drehen wieder um. Die Daten: 53 Zentimeter lang, 2,5 Kilogramm schwer, pflegeleicht, unkompliziert und mit Strom zu füttern.
Völlig perplex geht es zurück zum Bus. Beim Einstieg wird der Fahrer aber so was von genau gemustert. Der Typ sieht täuschend echt aus, wie aus Fleisch und Blut.