Mittelschwaebische Nachrichten
Paralympischer Kuschelkurs mit Russland
Sport kann mehr sein, als plumper Leistungsvergleich. Den Beweis dafür treten ab heute 600 Sportler mit Behinderung in Pyeongchang an. Die Geschichte der Rollstuhl-Curlerin Christiane Putzich aus Füssen ist nur eine von vielen. In unserer gestrigen Ausgabe hat sie erzählt, wie der Sport ihr dabei half, neuen Lebensmut zu finden, als eine heimtückische Krankheit sie in den Rollstuhl zwang. Die Paralympics sind ein Treffen derer, die Hoffnung machen. Auch das unterscheidet sie von den Olympischen Winterspielen, die vor knapp zwei Wochen endeten. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass es in Südkorea einen Ansturm auf die Tickets gibt.
Dabei wäre es vielen Sportlern mit Behinderung lieber, die Unterschiede seien geringer, als sie es (noch) sind. Viele wollen gemeinsame Wettkämpfe mit den Sportlern ohne Behinderung. Das wäre ein starkes Signal der Gleichberechtigung. Es würde dabei helfen, Barrieren in den Köpfen der Menschen einzureißen.
Dabei sind sich olympischer und paralympischer Sport auch so schon näher gekommen. Näher, als viele glauben wollen. Näher, als gut ist. Die Idee, die Paralympics seien ein Rückzugsort des sauberen Sports, ist naiv. Und falsch. Behinderte manipulieren genauso wie Nicht-Behinderte. Auf diese Formel haben wir es an dieser Stelle schon vor den Paralympischen Spielen in Rio gebracht.
Damals allerdings hatte es noch einen entscheidenden Unterschied gegeben, denn vor zwei Jahren hatte das Internationale Paralympische Komitee (IPC) den russischen Behinderten-Sportverband komplett ausgeschlossen. Ganz im Gegensatz zu Thomas Bach & Co., die Russland Sommers wie Winters jede Menge Schlupflöcher ließen.
Jetzt ist aber auch das IPC eingeknickt. Unter seinem neuen Präsidenten Andrew Parsons wurden die Regelverstöße rund um die Winterspiele 2014 in Sotschi offenbar neu bewertet. Alles gar nicht so schlimm, lautet das Urteil jetzt. Wie es zustande kam? Egal. Fakt ist: Russland nimmt an den Paralympics teil. Zwar unter neutraler Flagge und ohne Hymne. Aber dabei. Ohne je ein offizielles Wort zum McLaren-Report verloren zu haben, in dem die Beweise für staatlich unterstütztes Doping zusammen getragen wurden. Keine Entschuldigung. Warum auch? Läuft doch.