Mittelschwaebische Nachrichten
Monopoly auf dem Strom Markt
Die Konzerne Eon und RWE schieben Unternehmensteile hin und her und wirbeln damit einiges durcheinander. Eon will sich auf Netze und Kunden konzentrieren, RWE den Strom produzieren – aus Kohle und erneuerbaren Energien
Essen Gerade einmal drei Kilometer liegen die Zentralen der Energiekonzerne Eon und RWE in Essen auseinander. Jetzt könnten die beiden Stromriesen, die sich in der Vergangenheit oft misstrauisch beäugt und öffentlich gestritten haben, sogar Schwestern werden – auf Kosten der bisherigen RWE-Tochter Innogy, die zerschlagen und zwischen Eon und RWE aufgeteilt werden soll. Denn im Zuge eines komplizierten Deals soll RWE Miteigentümer von Eon werden.
Die in der Nacht zu Sonntag völlig überraschend bekannt gewordenen Pläne könnten den Energiemarkt in Deutschland kräftig durcheinanderwirbeln. Eon soll die gewinnbringenden Stromnetze und das Kundengeschäft von Innogy übernehmen. Im Gegenzug will Eon seine Windparks und Solaranlagen an RWE abtreten. Der größte deutsche Stromproduzent – wegen seiner vielen Braunkohlekraftwerke Feindbild Nummer eins der Klimaschützer – könnte so grüner werden.
„Wirtschaftlich könnte das Sinn ergeben“, sagt Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kurz DSW. Der Kartellrechtler Prof. Justus Haucap sieht ebenfalls keine großen Probleme. „Die Netze unterstehen ohnehin der Regulierung durch die Bundesnetzagentur oder Landesregulierungsbehörden, dabei ist es völlig egal, ob Innogy oder Eon die Eigentümer sind“, sagte er der
Verbraucherschützer sind unterschiedlicher Meinung, wie der Deal sich auf den Kunden auswirken könnte. Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen twitterte, er glaube, die Fusion sei „für den Endkunden kein Problem“. Dagmar Ginzel vom Preisvergleichportal Verivox sagte hingegen dem Tagesspiegel, es sei noch zu früh, über Auswirkungen auf den Kunden zu spekulieren.
Eon betreibt schon jetzt eine Million Kilometer Strom- und Gasnetze in Europa. In Deutschland ist nach Angaben des Konzerns ein Drittel der Ökoenergie-Erzeugung an EonNetze angeschlossen. Innogy verfügt über rund 574000 Kilometer Netze in Europa. Die Netze sind für die Konzerne momentan die verlässlichste Einnahmequelle. Rund zwei Drittel der Gewinne von Eon stammen jetzt schon daraus.
Die beiden Konzerne müssen die Kommunen, die ein wichtiger Aktionär von RWE sind, auf ihre Seite bringen. Bei Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen ist ihnen das wohl schon gelungen. Der Umbau von RWE und Eon könne „ein sinnvoller Weg sein“, ließ sich Kufen zitieren. Die Grundidee, die Aktivitäten Netz und Vertrieb auf der einen und Erzeugung auf der anderen Seite zu fokussieren, sei „energiewirtschaftlich nachvollziehbar“und sichere den Energiestandort Essen. Die Kommunen halten gut 20 Prozent an RWE.
Der Deal zwischen Eon und RWE ist schon die zweite Runde bei der Neuaufstellung der Energieriesen innerhalb von nur zwei Jahren. Unter dem Druck von Milliardenverlusten hatten sich beide Konzerne 2016 aufgespalten. RWE brachte das Geschäft mit erneuerbaren Energien, dem Vertrieb und dem Netz unter dem Namen Innogy an die Börse und behielt die konventionellen Großkraftwerke und den Strom-Großhandel. Eon machte es umgekehrt. Erneuerbare Energien, Vertrieb und Netze blieben bei der Mutter, Kohle- und Gaskraftwerke gingen an die Tochter Uniper.
Uniper hat bereits erlebt, was auf Innogy möglicherweise zukommt: dass sich die Mutter von der Tochter trennt. Im vergangenen Herbst wurde der Kraftwerksbetreiber von den Eon-Plänen überrascht, die restliche Beteiligung von rund 47 Prozent an den finnischen FortumKonzern zu verkaufen. Rund 3,8 Milliarden Euro bekommt Eon dafür. Uniper-Chef Klaus Schäfer kämpft seitdem um die Eigenständigkeit seines Unternehmens.
Innogy droht dagegen eine völlige Zerschlagung. Der Konzern durchlebt schon länger turbulente Zeiten. Im Dezember räumte Vorstandschef Peter Terium nach einer Gewinnwarnung und einem Absturz des Börsenkurses seinen Posten. Dass Terium, der als Ex-RWEChef die Aufspaltung vorangetrieben hatte, wegen eines Gewinnrückgangs von 100 Millionen Euro seinen Hut nahm, mochte vielen Beobachtern schon damals nicht so recht einleuchten.