Mittelschwaebische Nachrichten
Mit 130 durch Kempten gerast
Im Allgäu stehen zwei Männer vor Gericht, die sich mit ihren PS-Boliden ein Rennen geliefert haben. Wegen eines neuen Gesetzes kommt sie die Aktion teuer zu stehen
Kempten Es ist Allerheiligen vergangenen Jahres, abends gegen 21.25 Uhr: Nachdem eine Ampel am Adenauerring in Kempten auf Grün geschaltet hat, geben die beiden dort wartenden Autofahrer kräftig Gas. Am Steuer des Mercedes C220 und eines Peugeot 405 sitzen die jetzt angeklagten Maschinenanlagen-Führer, auf den Beifahrersitzen jeweils ein Kumpel. Auf einem Straßenstück von nur 600 bis 700 Metern sollen die beiden Autofahrer auf bis zu 130 Stundenkilometer beschleunigt haben. Der Besatzung einer zufällig folgenden Polizeistreife fallen die beiden rasenden Autofahrer auf. Der mit drei Polizeibeamten besetzte, 180 PS starke BMW sei aber zu langsam gewesen, um zu folgen, sagen die Beamten als Zeugen vor Gericht. Er habe schon 120 km/h oder mehr auf dem Tacho gehabt, schildert der fahrende Beamte vor Gericht: „Aber wir kamen da nicht hinterher.“Erlaubt ist auf dem Kemptener Adenauerring eine Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern.
Schließlich habe man das Blaulicht angeschaltet und einen der beiden Raser angehalten. Der andere fährt zunächst davon, wird aber wenig später von der Besatzung einer anderen Streife gestoppt und zur Rede gestellt.
Alkoholtests verlaufen bei beiden Fahrern negativ. Dennoch ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft nach dem Vorfall. Denn seit Oktober 2017 gelten illegale Straßenrennen nicht mehr nur als Ordnungswidrig- keit, sondern als Straftat. Einer der Polizisten berichtet am Montag vor dem Amtsgericht in Kempten, er habe zu seinem Kollegen gesagt: „Ich glaube, die fahren ein Rennen.“Bei den Autos habe es sich aber nicht um auffällig getunte Pkw gehandelt, sagten die Beamten im Zeugenstand.
Wenig erhellend sind die Aussagen der beiden jungen Männer, die an jenem Abend auf den Beifahrersitzen saßen. Die Lenker hätten lediglich auf 70, maximal 80 Stundenkilometer beschleunigt, beteuerten sie. Er sei überzeugt, dass es sich bei beiden Angaben um klare Falschaussagen handle, entgegnet der Richter in seiner Urteilsbegründung. Strafverteidiger Marc Armatage und seine Kollegin Isabel Rayer hegten in ihren Plädoyers erhebliche Zweifel, dass es sich bei der Tat um ein illegales Autorennen handelt, wie man es in der Raserszene einer Großstadt kennt. Armatage vermutet gar, es sei den Polizisten wohl in erster Linie darum gegangen, den erst am 13. Oktober neu eingeführten Straftatbestand „mal anzuwenden“.
Wenn überhaupt, sagt der Verteidiger, könne das Verhalten der beiden Angeklagten als Ordnungswidrigkeit bestraft werden. Verteidigerin Rayer hält für ihren Mandanten einen Freispruch für angemessen. Zuvor hat der Staatsanwalt ein noch höheres Strafmaß gefordert: Für jeden 120 Tagessätze zu jeweils 70 und 80 Euro. Das Gericht verurteilt die beiden 23-Jährigen zu Geldstrafen in Höhe von 4200 und 4800 Euro.