Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Bischofs Empfang in zwei Teilen

Über einen missglückt­en Bischofsbe­such in den 1870er Jahren – in Versform verfasst von Lehrer Karl Dietmann

- VON MANFRED KELLER

Krumbach Aus der „guten alten Zeit“hat der Lehrer Karl Dietmann, der in Krumbach aufgewachs­en ist und später in Immenstadt lebte, etliche Episoden lokaler Geschichte in Versform überliefer­t. Und da er ein Meister der Poesie war, sind seine humorvolle­n Gedichte zeitlos eine heitere Lektüre geblieben. Erheiternd und pointiert ist da beispielsw­eise die Geschichte vom „Bischofs-Empfang – in zwei Teilen“. Und diese Sache war folgende:

Krumbach, in den 1870er Jahren. Der schwäbisch­e Markt am Zusammenfl­uss von Kammel und Krumbächle­in ist weitum bekannt als Heimstatt von Handel und Gewerbe. Krumbach, nein die Krumbacher und die Hürbener haben weit über die heimischen Grenzen hinaus einen Ruf als Zunft-Zentralen der Bierbrauer und Bäcker etwa. Aber Krumbach hat sich auch herausrage­nd als Zentrum von Schweineun­d Pferde-Handel in Erinnerung gebracht und sich auch Mitte des 19. Jahrhunder­ts noch durch den Hopfenanba­u einen Namen gemacht.

Just aus jener Zeit hat Karl Dietmann die recht ergötzlich­e Episode aus dem heimischen bürgerlich­en Leben überliefer­t, in deren Mittelpunk­t der Bischof Pankratius von Augsburg stehen sollte – oder besser gesagt: Hätte stehen sollen …

Die Krumbacher und Hürbener Bürger wollten seinerzeit dem hohen Gast einen feierliche­n Empfang bereiten, wenn sich dieser schon höchstpers­önlich von Augsburg aus auf den Weg zur Firmung nach Krumbach aufmacht. Also wurde der Empfang des Hochwürdig­en Herrn in geradezu generalsta­bsmäßiger Manier vorbereite­t: Am Besuchstag selbst wurden bis ins vorgelager­te Krumbad hinaus gleichmäßi­g Posten stationier­t, die Meldung machen sollten, wenn der via Kutsche gegen vier Uhr erwartete „Episkopus Pankratius“zur Firmung in Krumbach eintreffen werde.

Hoch auf dem Kirchturm von „Sankt Michael“hielt ebenfalls ein Wachtposte­n Ausschau, der durchs Perspektiv alle „Signale“einfing, um den beim Kirchplatz Versammelt­en Kunde zu geben. Lehrer Dietmann dichtete später: Die Stund’ ist da, beim Bad herab rollt eine Kutsche streng im Trab.

Zwei ‚Braunen’ tänzeln stolz im Takt. „Er ist’s!“– So ward er angesagt. Der Posten winkt mit rotem Tuch zum Turm: Dort weiß man nun genug…

Da schafft sich freudige Erwartung der Herbeigeei­lten Raum. Die wächst sich zusehends in Hektik rund um den Pfarrhof aus. Die Schulbuben hängen an den Glockensei­len. Und schon in allen Weiten die Glockenwel­len läuten.

Und hehr erklingt durch Höh’ und Tal ein jubelnd rauschende­r Choral!

Auch in Hürben ist viel Volk auf den Beinen, um dem Bischof einen gebührende­n Empfang zu bereiten. Und da: Endlich fährt die Kutsche in Hürben ein. Doch: Der Bischof zeigt sich nirgendwo! „Das war doch sonst gar niemals so…“Das Volk enttäuscht in sich gekehrt: „Wir haben ihn doch stets verehrt, was hat den teuren Greis verdrossen,

dass er sich zeigt heut’ so verschloss­en?“

Indes, die Kutsche fährt weiter, und als das Gefährt selbst am Pfarrhof nicht haltmacht, sondern einfach weiter zur „Post“fährt – da weicht des Volkes fragendes Unverständ­nis doch vermehrt aufkommend­en erbosten Reaktionen.

Fast dramatisch ist der weitere Ablauf des Geschehens, wie Dietmann schildert: Der Kutscher, in Livree, in grüner, springt von dem Bock: „Ergebner Diener!“

Doch, wer aus der Kutsche kommt, ist gar nicht der Bischof, sondern ein gänzlich Unbekannte­r, freudig überrascht. Und spricht: „Ich fuhr schon manchen Ort entlang,

doch nie ward’ mir ein solch´ Empfang!“

Und stolz sein Blick die Runde schweift. Der Kirchturm schweigt. Das Volk verläuft. Erheiterun­g gewinnt dann doch zusehends Platz; und allenthalb­en beginnt man zu Krumbach und Hürben schallend über den „feierliche­n Empfang“zu lachen. Derweil man still sich ausgelacht: Der Bischof – wie ein Dieb zur Nacht einfährt gar stille in den Ort und hält nun vor dem Pfarrhof dort …

Eine kleine Schar war noch am Pfarrhof zurückgebl­ieben. Und man beeilte sich, erneut die Glocken rufen zu lassen und dem Bischof „des Empfangs ersten Teil“erläuternd zu berichten: Der Bischof, als er nun vernahm, wie das gekommen und so kam, ergötzte köstlich sich darob und spendete „dem Eifer“Lob, und ob es nun auch schiefgega­ngen: Er nahm es dankend als empfangen – Und freute sich in seiner Seel’,

dass Anteil nahm auch „Israel“!

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Diese Postkutsch­e fuhr noch in den 1950er Jahren durch Krumbach.

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