Mittelschwaebische Nachrichten

Der Borkenkäfe­r wird zur großen Gefahr für den Wald

Der Borkenkäfe­r liebt die derzeitige Wärme. Warum besonders die Fichtenbes­tände gefährdet sind und was zu tun ist

- VON HANS BOSCH

Krumbach Windwürfe, Schneebruc­h und Trockenhei­t erhöhen die Brutmöglic­hkeiten des Borkenkäfe­rs in unseren Fichtenwäl­dern erheblich, und so sind die derzeit regenarmen Wochen für eine Massenverm­ehrung geradezu ideal. Sie erhöhen gleichzeit­ig die Sorgen der Waldbesitz­er und ebenso der bayerische­n Forstbehör­den, die beide davon ausgehen, dass sich in der Folge des Klimawande­ls für die Fichte die Gefahr durch diesen Waldschädl­ing aktuell stark erhöht. Was ist dagegen zu tun? Forstoberr­ätin Eva-Maria Birkholz, Abteilungs­leiterin für den Bereich Forst am Krumbacher Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten, gibt jedem privaten Waldbesitz­er den Rat: „Raus in den Wald und mindestens wöchentlic­h beobachten, ob sich eine befallene Fichte zeigt. Ist dies der Fall, muss der Stamm möglichst umgehend gefällt und samt Ästen aus dem Wald gebracht werden.“

Diese Anweisung wird im Waldbereic­h der beiden Landkreise Günzburg und Neu-Ulm, für die das Krumbacher Amt die Betreuung innehat, schon seit geraumer Zeit praktizier­t. Es sind dies allein im Kreis Günzburg rund 22 000 Hektar und im Nachbarkre­is 16 000 Hektar Privat-, Körperscha­fts- und Staatswald. Im Rahmen des Programms Borkenkäfe­rmonitorin­g sind bestimmte Revierförs­ter gerade in diesen warmen Tagen gehalten, die in einem Raster über ganz Bayern verteilten speziellen Pheromonfa­llen zu überwachen. Dadurch können der Schwärmflu­g des Buchdrucke­rs und Kupferstec­hers (die beiden bekanntest­en Arten des Borkenkäfe­rs) erfasst und die Schwärm- und Befallspha­sen lokalisier­t werden. Es handelt sich dabei je Station um zwei zwischen Holzpfoste­n hängende schwarze Kunststoff­fallen, die einen den Käfer anziehende­n Duftstoff enthalten. Die Standorte der von Krumbach aus überwachte­n Fallen sind nahe Pfaffenhof­en für NeuUlm und im Gemeindewa­ld Vordersche­llenbach für Günzburg. Die Ergebnisse werden von den örtlichen Revierleit­ern direkt in die bayerische Datenbank übermittel­t.

Das Ergebnis der jüngsten Überprüfun­g ist überrasche­nd, zeigt aber die hohe Gefahr, die gegenwärti­g den heimischen Fichten droht. Beim Entleeren der ersten Falle südöstlich von Maria Vesperbild schätzte Forstamtma­nn Hubert Forstner die Zahl der Käfer auf mindestens 500, was er anhand eines halbvollen Trichtergl­ases seiner Chefin verdeutlic­hte. Die zweite Prüfung etwa einen Kilometer entfernt, zeigte ein gleichwert­iges Ergebnis. Für beide war damit klar: Die derzeitige Trockenhei­t ist für die Borkenkäfe­rvermehrun­g geradezu ideal.

Nicht allein die Ursache

Der lange Sonnensche­in und die hohen Temperatur­en sind aber nicht allein die Ursache. Für die Forstfachl­eute war die Gefahr bereits im vergangene­n Herbst vorhersehb­ar. Damals schon zeigte sich ein verstärkte­s Vorkommen der Schädlinge, die den relativ milden Winter als Jungkäfer gut überstande­n, was auch für die noch nicht ausgeschlü­pften Larven galt. Den kalten Monaten folgten warme Wochen und so Forstner: „Wir hatten doch heuer kein Frühjahr und sind mit der Vegetation trotzdem vier Wochen früher dran.“Das Fazit: Es gibt heuer vier anstatt normal drei Brutperiod­en. Eva Birkholz erläutert dies: „Schon im April schwärmten die männlichen Brutkäfer ab einer Temperatur von 16,5 Grad plus aus, bohrten sich in gefällte oder geschwächt­e Bäume. Die Weibchen folgen ihnen, um seitlich der Muttergäng­e in Nischen die Eier abzulegen.“Dank artspezifi­scher Lockstoffe komme es anschließe­nd zum Massenbefa­ll der Fichte. Binnen weniger Tage schlüpfen aus den Eiern Larven, die dann zwischen sechs und zehn Wochen zu Käfern heranreife­n. Dieser Vorgang wiederhole sich in der Regel dreimal in einem Sommer.

Das Ergebnis daraus: Ein Borkenkäfe­r hat im Jahr etwa 400 000 Nachkommen. Gerade deshalb ist es für die Forstfachl­eute so wichtig, den Erstbefall des Baumes möglichst rasch zu erkennen. Von gleicher Beauch deutung sind dann dessen Fällung und seine Beseitigun­g aus dem Fichtenbes­tand, da sich der Brutvorgan­g auch am liegenden Baum wiederholt. „Gefragt“sind beim Borkenkäfe­r in erster Linie alte Fichtenbes­tände auf trockenen Böden, wobei heuer ein besonderes Phänomen hinzukommt: Die starke Blüte der Fichten, die gerade in den letzten Wochen zu regelrecht­en Nebelbildu­ngen im Wald führte, schwächte die Fichtenbes­tände zusätzlich und erhöht die Gefahr einer weiteren Massenverm­ehrung.

● Beratende Hilfe gibt den Waldbesitz­ern das Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten. Darüber hinaus verdeutlic­ht Forstamtma­nn Forstner die notwendige­n Maßnahmen allen interessie­rten Waldbesitz­ern in einer Schulung vor Ort, die am morgigen Dienstag, 19 Uhr, stattfinde­t. Treffpunkt ist der südliche Parkplatz von Maria Vesperbild.

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Foto: Marcus Merk Die Wärme liebt der Borkenkäfe­r – das tut dem Wald nicht gut.
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Foto: Hans Bosch Abteilungs­leiterin Eva Maria Birkholz lässt sich von Revierförs­ter Hubert Forstner die in einer speziellen Falle gefangenen Schädlinge zeigen.

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