Mittelschwaebische Nachrichten
Der Borkenkäfer wird zur großen Gefahr für den Wald
Der Borkenkäfer liebt die derzeitige Wärme. Warum besonders die Fichtenbestände gefährdet sind und was zu tun ist
Krumbach Windwürfe, Schneebruch und Trockenheit erhöhen die Brutmöglichkeiten des Borkenkäfers in unseren Fichtenwäldern erheblich, und so sind die derzeit regenarmen Wochen für eine Massenvermehrung geradezu ideal. Sie erhöhen gleichzeitig die Sorgen der Waldbesitzer und ebenso der bayerischen Forstbehörden, die beide davon ausgehen, dass sich in der Folge des Klimawandels für die Fichte die Gefahr durch diesen Waldschädling aktuell stark erhöht. Was ist dagegen zu tun? Forstoberrätin Eva-Maria Birkholz, Abteilungsleiterin für den Bereich Forst am Krumbacher Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, gibt jedem privaten Waldbesitzer den Rat: „Raus in den Wald und mindestens wöchentlich beobachten, ob sich eine befallene Fichte zeigt. Ist dies der Fall, muss der Stamm möglichst umgehend gefällt und samt Ästen aus dem Wald gebracht werden.“
Diese Anweisung wird im Waldbereich der beiden Landkreise Günzburg und Neu-Ulm, für die das Krumbacher Amt die Betreuung innehat, schon seit geraumer Zeit praktiziert. Es sind dies allein im Kreis Günzburg rund 22 000 Hektar und im Nachbarkreis 16 000 Hektar Privat-, Körperschafts- und Staatswald. Im Rahmen des Programms Borkenkäfermonitoring sind bestimmte Revierförster gerade in diesen warmen Tagen gehalten, die in einem Raster über ganz Bayern verteilten speziellen Pheromonfallen zu überwachen. Dadurch können der Schwärmflug des Buchdruckers und Kupferstechers (die beiden bekanntesten Arten des Borkenkäfers) erfasst und die Schwärm- und Befallsphasen lokalisiert werden. Es handelt sich dabei je Station um zwei zwischen Holzpfosten hängende schwarze Kunststofffallen, die einen den Käfer anziehenden Duftstoff enthalten. Die Standorte der von Krumbach aus überwachten Fallen sind nahe Pfaffenhofen für NeuUlm und im Gemeindewald Vorderschellenbach für Günzburg. Die Ergebnisse werden von den örtlichen Revierleitern direkt in die bayerische Datenbank übermittelt.
Das Ergebnis der jüngsten Überprüfung ist überraschend, zeigt aber die hohe Gefahr, die gegenwärtig den heimischen Fichten droht. Beim Entleeren der ersten Falle südöstlich von Maria Vesperbild schätzte Forstamtmann Hubert Forstner die Zahl der Käfer auf mindestens 500, was er anhand eines halbvollen Trichterglases seiner Chefin verdeutlichte. Die zweite Prüfung etwa einen Kilometer entfernt, zeigte ein gleichwertiges Ergebnis. Für beide war damit klar: Die derzeitige Trockenheit ist für die Borkenkäfervermehrung geradezu ideal.
Nicht allein die Ursache
Der lange Sonnenschein und die hohen Temperaturen sind aber nicht allein die Ursache. Für die Forstfachleute war die Gefahr bereits im vergangenen Herbst vorhersehbar. Damals schon zeigte sich ein verstärktes Vorkommen der Schädlinge, die den relativ milden Winter als Jungkäfer gut überstanden, was auch für die noch nicht ausgeschlüpften Larven galt. Den kalten Monaten folgten warme Wochen und so Forstner: „Wir hatten doch heuer kein Frühjahr und sind mit der Vegetation trotzdem vier Wochen früher dran.“Das Fazit: Es gibt heuer vier anstatt normal drei Brutperioden. Eva Birkholz erläutert dies: „Schon im April schwärmten die männlichen Brutkäfer ab einer Temperatur von 16,5 Grad plus aus, bohrten sich in gefällte oder geschwächte Bäume. Die Weibchen folgen ihnen, um seitlich der Muttergänge in Nischen die Eier abzulegen.“Dank artspezifischer Lockstoffe komme es anschließend zum Massenbefall der Fichte. Binnen weniger Tage schlüpfen aus den Eiern Larven, die dann zwischen sechs und zehn Wochen zu Käfern heranreifen. Dieser Vorgang wiederhole sich in der Regel dreimal in einem Sommer.
Das Ergebnis daraus: Ein Borkenkäfer hat im Jahr etwa 400 000 Nachkommen. Gerade deshalb ist es für die Forstfachleute so wichtig, den Erstbefall des Baumes möglichst rasch zu erkennen. Von gleicher Beauch deutung sind dann dessen Fällung und seine Beseitigung aus dem Fichtenbestand, da sich der Brutvorgang auch am liegenden Baum wiederholt. „Gefragt“sind beim Borkenkäfer in erster Linie alte Fichtenbestände auf trockenen Böden, wobei heuer ein besonderes Phänomen hinzukommt: Die starke Blüte der Fichten, die gerade in den letzten Wochen zu regelrechten Nebelbildungen im Wald führte, schwächte die Fichtenbestände zusätzlich und erhöht die Gefahr einer weiteren Massenvermehrung.
● Beratende Hilfe gibt den Waldbesitzern das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Darüber hinaus verdeutlicht Forstamtmann Forstner die notwendigen Maßnahmen allen interessierten Waldbesitzern in einer Schulung vor Ort, die am morgigen Dienstag, 19 Uhr, stattfindet. Treffpunkt ist der südliche Parkplatz von Maria Vesperbild.