Mittelschwaebische Nachrichten
Schulschwänzer erhitzen weiter die Gemüter
Nach den Kontrollen der Polizei an bayerischen Flughäfen kurz vor Ferienbeginn, ebbt die Debatte darüber nicht ab. Lehrer-Präsident Meidinger spricht von einem „Warnsignal“
Berlin/München Der Polizeieinsatz gegen Schulschwänzer zu Beginn der Pfingstferien in Bayern ist aus Sicht des Deutschen Lehrerverbands gerechtfertigt gewesen. Dessen Präsident Heinz-Peter Meidinger sagte der Passauer Neuen Presse: „Die Polizeiaktion in Bayern war ein notwendiger Schuss vor den Bug der Eltern. Ein sinnvolles Warnsignal, dass die Missachtung der gesetzlichen Schulpflicht nicht hingenommen werden kann.“Ähnlich äußerte sich der Bayerische Realschullehrerverband. Der Bundeselternrat hatte den Einsatz dagegen als übertrieben bezeichnet.
Zu Beginn der Pfingstferien hatte die Polizei an Flughäfen in Bayern rund 20 Familien erwischt, die ihre Kinder die Schule schwänzen ließen, um früher in den Urlaub fliegen zu können. Am Allgäu Airport nahe Memmingen zählten Polizisten zehn Fälle. Gegen die Eltern ist bei den zuständigen Landratsämtern Anzeige erstattet worden. Hintergrund der falschen Krankmeldungen ist, dass die Flugpreise nach Ferienbeginn oft deutlich höher sind. Nach Einschätzung von Meidinger haben falsche Krankmeldungen vor und nach den Ferien in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Schulen selbst seien meist machtlos. Das Verhalten der Eltern bezeichnete Meidinger als „ethisch höchst bedenklich“. „Sie bringen ihren Kindern bei, dass man tricksen und sich über Regeln hinwegsetzen dürfe.“Der Landesvorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbands, Jürgen Böhm, sagte, der Polizeieinsatz gegen Schulschwänzer sei richtig und logisch. „Aus gutem Grund gibt es in Deutschland die gesetzliche Schulpflicht, deren Missachtung ein klarer Verstoß ist, der nicht einfach mit einem zugedrückten Auge hingenommen werden kann.“Der Polizeieinsatz könne Eltern auch bewusst machen, dass sie ihren Kindern gegenüber eine Vorbildfunktion haben.
Eine Mehrheit der Deutschen hält solche Polizeieinsätze für angemessen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Welt. Auf die Frage „Halten Sie Polizeikontrollen gegen Eltern, die mit ihren schulpflichtigen Kindern frühzeitig in die Ferien reisen, für angemessen?“antworteten 60,8 Prozent mit „Ja“oder „Eher ja“. 34,2 Prozent würden diese Maßnahme nicht oder eher nicht befürworten. Fünf Prozent waren unentschieden.
Unterschiede zeigten sich bei Befragten mit und ohne Kinder im Haushalt. Diejenigen ohne Kinder befürworteten die Polizeikontrollen mit 62,7 Prozent deutlich stärker als diejenigen mit Kindern (54,5 Prozent).