Mittelschwaebische Nachrichten
Spinner im Freibad
Der Eichenprozessionsspinner wurde im beliebten Familienbad entdeckt. Warum die Verantwortlichen keinen Anlass zur Schließung sehen und wie sich Badegäste verhalten sollen
Teile der Liegewiese im Krumbacher Freibad sind mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Dort lauern Eichenprozessionsspinnerraupen mit giftigen Haaren.
Krumbach Was eine kleine Raupe verursachen kann: Teile der Thannhauser Innenstadt abgesperrt, der Pausenhof in der Grundschule in Kutzenhausen gesperrt, das Eichwaldbad in Dillingen bei sommerlichen Temperaturen geschlossen und auch vor dem Krumbacher Freibad hat der Eichenprozessionsspinner nicht haltgemacht.
„Das Freibad wird vorerst nicht geschlossen“, entwarnt Dietmar Müller, Werkleiter der Stadtwerke in Krumbach. „Die betroffenen Bereiche sind weitreichend abgesperrt, Informationsschilder für die Badegäste hängen aus und eine Spezialfirma zum Absaugen der Nester ist auch schon beauftragt.“Insofern ist eine Schließung, so der Werkleiter, nicht notwendig. Letztendlich müssten die Badegäste, so der Werkleiter, selbst entscheiden: Gehe ich ins Bad oder nicht. „Die Liegewiese im Krumbacher Freibad ist groß“, erklärt er. „Groß genug, dass man mit den gefährlichen Tieren gar nicht in Berührung kommt.“Schon vergangenes Jahr sei das Bad von den gefährlichen Raupen befallen gewesen. „Allerdings vor Saisonbeginn.“Anders als die Innen- stadt und die Fluren, sei das Freibad in Thannhausen vom Befall der giftigen Insekten verschont geblieben. „Doch den Eichenprozessionsspinner gibt es nicht nur in Krumbach oder in Thannhausen. Flächendeckend hat er sich ausgebreitet und die Spezialfirmen zum Absaugen der Nester haben alle Hände voll zu tun“, berichtet Thannhausens Bürgermeister Georg Schwarz. Doch das Freibad in Burgau, sowie das Waldbad in Günzburg sind von den gefährlichen Tieren verschont geblieben, entwarnen die Bademeister Achim Grechschner und Günther Münzing. Krumbachs Bürgermeister Hubert Fischer sprach das Thema am Montagabend auch im Bauausschuss an und berichtete, dass der Eichenprozessionsspinner auch im städtischen Kindergarten aufgetaucht sei. Die Stadt habe die Lage aber unter Kontrolle.
Müssten die Verantwortlichen der Bäder überhaupt die Öffentlichkeit bei einem Befall informieren? „Weder gibt es eine Meldepflicht, noch ist der Eigentümer des Baumes zur Bekämpfung verpflichtet“, verneint Tina Sailer, Kreisfachberaterin für Gartenkultur am Landratsamt in Günzburg. „Doch gerade in öffentlichen Einrichtungen ist man gut beraten, die Nester zu entfernen.“Denn die Brennhaare der Raupen können allergische Reaktionen der Haut, der Augen und sogar der Atemwege auslösen. „Die Reaktionen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Mal mehr mal weniger“, erklärt Sailer. „Und selbst bei Haustieren können die gleichen Symptome auftreten.“Auf der Haut seien vor allem rote Punkte sichtbar, die einen extremen Juckreiz auslösen würden. Sind die Schleimhäute der Atemwege betroffen, könne es zu Husten, Bronchitis oder Asthma kommen. Die Augen jucken und sehr sensible Menschen könnten sogar Fieber oder Kreislaufprobleme bekommen.
Sicherheitsabstand und die betroffenen Bäume nicht berühren, damit sei man, so Sailer, schon sehr gut beraten. Und wenn man mit den Brennhaaren bereits in Kontakt gekommen ist, empfiehlt Sailer: „Schuhe und Kleidung ausziehen und bei über 60 Grad waschen. Duschen und falls irgendwelche Symptome sichtbar werden zum Arzt gehen. Und es nicht auf die leichte Schulter nehmen.“Die Gefahr lauert jedoch nicht nur im unmittelbaren Umkreis der befallenen Bäume. „Der Wind kann die Brennhaare überall verstreuen und sie können eingeatmet werden.“Noch vor Jahren kam der Eichenprozessionsspinner in Bayern vor allem in Franken vor. In Gegenden, die immer schon ein wenig wärmer und trockener waren als andere Teile Bayerns, berichtet Tina Sailer. „Und was jetzt passiert, ist vermutlich eine Folge des Klimawandels“, sagt sie.
Doch gefährlich werden die Raupen erst ab dem dritten Larvenstadium, nach der zweiten Häutung“, erklärt Sailer. „Denn von da an, entwickelt die Raupe ihre gefährlichen Brennhaare.“Wird sie zum Schmetterling, „bleiben ihr Kokon und ihre Brennhaare auf der Rinde des Baumes.“Das sei das Problem, sagt Sailer. „Selbst wenn die gefährlichen Raupen bereits harmlose Schmetterlinge sind, können die Brennhaare weiter eingeatmet werden. „Und das ist der Grund, warum auch verlassene Nester abgesaugt werden sollen.“
Wenn die jungen Raupen im folgenden Jahr wieder aus ihren Eiern schlüpfen, „beginnt das gefährliche Spiel von Neuem“, erklärt Sailer. Das Spiel mit dem dem Eichenprozessionsspinner – einem im wahrsten Wortlautsinn reizenden Tierchen.