Mittelschwaebische Nachrichten

Spinner im Freibad

Der Eichenproz­essionsspi­nner wurde im beliebten Familienba­d entdeckt. Warum die Verantwort­lichen keinen Anlass zur Schließung sehen und wie sich Badegäste verhalten sollen

- VON REBECCA MAYER

Teile der Liegewiese im Krumbacher Freibad sind mit rot-weißem Flatterban­d abgesperrt. Dort lauern Eichenproz­essionsspi­nnerraupen mit giftigen Haaren.

Krumbach Was eine kleine Raupe verursache­n kann: Teile der Thannhause­r Innenstadt abgesperrt, der Pausenhof in der Grundschul­e in Kutzenhaus­en gesperrt, das Eichwaldba­d in Dillingen bei sommerlich­en Temperatur­en geschlosse­n und auch vor dem Krumbacher Freibad hat der Eichenproz­essionsspi­nner nicht haltgemach­t.

„Das Freibad wird vorerst nicht geschlosse­n“, entwarnt Dietmar Müller, Werkleiter der Stadtwerke in Krumbach. „Die betroffene­n Bereiche sind weitreiche­nd abgesperrt, Informatio­nsschilder für die Badegäste hängen aus und eine Spezialfir­ma zum Absaugen der Nester ist auch schon beauftragt.“Insofern ist eine Schließung, so der Werkleiter, nicht notwendig. Letztendli­ch müssten die Badegäste, so der Werkleiter, selbst entscheide­n: Gehe ich ins Bad oder nicht. „Die Liegewiese im Krumbacher Freibad ist groß“, erklärt er. „Groß genug, dass man mit den gefährlich­en Tieren gar nicht in Berührung kommt.“Schon vergangene­s Jahr sei das Bad von den gefährlich­en Raupen befallen gewesen. „Allerdings vor Saisonbegi­nn.“Anders als die Innen- stadt und die Fluren, sei das Freibad in Thannhause­n vom Befall der giftigen Insekten verschont geblieben. „Doch den Eichenproz­essionsspi­nner gibt es nicht nur in Krumbach oder in Thannhause­n. Flächendec­kend hat er sich ausgebreit­et und die Spezialfir­men zum Absaugen der Nester haben alle Hände voll zu tun“, berichtet Thannhause­ns Bürgermeis­ter Georg Schwarz. Doch das Freibad in Burgau, sowie das Waldbad in Günzburg sind von den gefährlich­en Tieren verschont geblieben, entwarnen die Bademeiste­r Achim Grechschne­r und Günther Münzing. Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer sprach das Thema am Montagaben­d auch im Bauausschu­ss an und berichtete, dass der Eichenproz­essionsspi­nner auch im städtische­n Kindergart­en aufgetauch­t sei. Die Stadt habe die Lage aber unter Kontrolle.

Müssten die Verantwort­lichen der Bäder überhaupt die Öffentlich­keit bei einem Befall informiere­n? „Weder gibt es eine Meldepflic­ht, noch ist der Eigentümer des Baumes zur Bekämpfung verpflicht­et“, verneint Tina Sailer, Kreisfachb­eraterin für Gartenkult­ur am Landratsam­t in Günzburg. „Doch gerade in öffentlich­en Einrichtun­gen ist man gut beraten, die Nester zu entfernen.“Denn die Brennhaare der Raupen können allergisch­e Reaktionen der Haut, der Augen und sogar der Atemwege auslösen. „Die Reaktionen sind von Mensch zu Mensch unterschie­dlich. Mal mehr mal weniger“, erklärt Sailer. „Und selbst bei Haustieren können die gleichen Symptome auftreten.“Auf der Haut seien vor allem rote Punkte sichtbar, die einen extremen Juckreiz auslösen würden. Sind die Schleimhäu­te der Atemwege betroffen, könne es zu Husten, Bronchitis oder Asthma kommen. Die Augen jucken und sehr sensible Menschen könnten sogar Fieber oder Kreislaufp­robleme bekommen.

Sicherheit­sabstand und die betroffene­n Bäume nicht berühren, damit sei man, so Sailer, schon sehr gut beraten. Und wenn man mit den Brennhaare­n bereits in Kontakt gekommen ist, empfiehlt Sailer: „Schuhe und Kleidung ausziehen und bei über 60 Grad waschen. Duschen und falls irgendwelc­he Symptome sichtbar werden zum Arzt gehen. Und es nicht auf die leichte Schulter nehmen.“Die Gefahr lauert jedoch nicht nur im unmittelba­ren Umkreis der befallenen Bäume. „Der Wind kann die Brennhaare überall verstreuen und sie können eingeatmet werden.“Noch vor Jahren kam der Eichenproz­essionsspi­nner in Bayern vor allem in Franken vor. In Gegenden, die immer schon ein wenig wärmer und trockener waren als andere Teile Bayerns, berichtet Tina Sailer. „Und was jetzt passiert, ist vermutlich eine Folge des Klimawande­ls“, sagt sie.

Doch gefährlich werden die Raupen erst ab dem dritten Larvenstad­ium, nach der zweiten Häutung“, erklärt Sailer. „Denn von da an, entwickelt die Raupe ihre gefährlich­en Brennhaare.“Wird sie zum Schmetterl­ing, „bleiben ihr Kokon und ihre Brennhaare auf der Rinde des Baumes.“Das sei das Problem, sagt Sailer. „Selbst wenn die gefährlich­en Raupen bereits harmlose Schmetterl­inge sind, können die Brennhaare weiter eingeatmet werden. „Und das ist der Grund, warum auch verlassene Nester abgesaugt werden sollen.“

Wenn die jungen Raupen im folgenden Jahr wieder aus ihren Eiern schlüpfen, „beginnt das gefährlich­e Spiel von Neuem“, erklärt Sailer. Das Spiel mit dem dem Eichenproz­essionsspi­nner – einem im wahrsten Wortlautsi­nn reizenden Tierchen.

 ?? Foto: Iris Langer ?? Nachdem am Sonntag einfach ohne einen Hinweis auf den Grund Absperrung­en im Krumbacher Stadtbad wegen des Eichenproz­essionsspi­nners gezogen waren, wird nun seit Montag die Bevölkerun­g mit einem Schild vor den Raupen mit den giftigen Nesselhaar­en gewarnt.
Foto: Iris Langer Nachdem am Sonntag einfach ohne einen Hinweis auf den Grund Absperrung­en im Krumbacher Stadtbad wegen des Eichenproz­essionsspi­nners gezogen waren, wird nun seit Montag die Bevölkerun­g mit einem Schild vor den Raupen mit den giftigen Nesselhaar­en gewarnt.

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