Mittelschwaebische Nachrichten
Zimmer Service
Rollkoffer waren eine blöde Idee. Nun holpern und scheppern sie über die uralten Kopfsteine und ecken bei jeder Gelegenheit an. Trubelig geht es im Rila-Kloster zu. Es ist die berühmteste Sehenswürdigkeit Bulgariens, ein ebenso identitätsstiftendes wie geschichtsträchtiges Landessymbol und obendrein Weltkulturerbe. Gedränge also!
Und wo sollen wir hier übernachten? Ein Mönch mit strubbeligen Haaren führt uns in den Gästetrakt. So prachtvoll die Malereien an und die goldene Ausstattung in der Kirche im Mittelpunkt des Klosters sind, so karg sind die Zimmer. Ein Holzbett, zwei Wolldecken (über die man vielleicht besser nicht weiter nachdenkt), ein Waschbecken und eine Toilette. Gruppenzimmer haben Waschräume auf den Gängen. Für eine gute Stunde wird die Heizung angedreht, diese Zeit sollte man nicht zum Lüften verschwenden, das könnte sich außerhalb der Sommermonate als fataler Fehler herausstellen. Frühstück und Abendessen gibt es in einem Gasthof in der Nähe. Kein Luxus also. Aber darum geht es ja in einem Kloster auch nicht.
Dafür gewinnt man, wenn die Massen sich am Abend verzogen haben, einen tieferen, auch authentischeren, Eindruck vom Klosterleben. Zwangsläufig hat man das beeindruckende Gebäude fast für sich alleine. Nur noch neun Mönche leben im Rila-Kloster, die den Betrieb sowohl weltlich als auch religiös mühsam aufrechterhalten. Man kann also ungestört durch die alten, mehrgeschossigen Wandelgänge mit den charakteristischen Rundbogenfenstern stöbern, sieht wunderschöne Details und Verfall allerorten, sieht, wie die Abendsonne das Kloster in warmes Licht taucht und erlebt in aller Herrgottsfrühe, wie das Gotteshaus mit lauten Schlägen gegen einen Holzbalken erwacht. Manchmal ist Reisen etwas unbequem. Dafür aber aber umso spannender.