Mittelschwaebische Nachrichten
Grüß mir die Sonne!
Yoga wird offenbar immer beliebter. Rund um den Globus, in Deutschland wie in Indien. Dort ließ sich jetzt sogar der Premierminister bei seinen Körper- und Atemübungen filmen
Bonn „Der schlafende Diamantsitz“, „das Kuhgesicht“oder der „Sonnengruß“– Körperübungen wie diese gehören neben Atemtechniken und Meditationen zum Yoga. Früher machte man sich über die vermeintlichen Verrenkungen mitunter lustig: Das sei was für Esoteriker! Inzwischen ist die Skepsis sogar in manchen Klöstern und kirchlichen Bildungshäusern einer großen Offenheit gewichen.
Yoga ist „in“, muss man zum Internationalen Tag des Yoga, der jedes Jahr am 21. Juni ist, feststellen. In einem zweiminütigen Videoclip, der vergangene Woche veröffentlich wurde, ist sogar der indische Premierminister Narendra Modi zu sehen, wie er im idyllischen Garten seiner Residenz in Neu-Delhi Yogaund Atemübungen macht. Und über einen eigens angelegten Barfußpfad läuft. Die Übungen seien „extrem erfrischend und verjüngend“, schwärmt der 67-Jährige.
Was bei seinen Anhängern gut ankam, empörte Kritiker. Vor allem mit Blick auf Modis Garten. Indische Experten warnen die Bevölke- rung von Neu-Delhi und anderen Großstädten wegen der miserablen Luftqualität regelmäßig vor Freiluft-Aktivitäten.
Der Begriff „Yoga“stammt aus dem Sanskrit und bedeutet Vereinigung. Unter anderem über die „Asanas“– Körperübungen – wird die Verbindung des individuellen mit dem „universellen“Bewusstsein angestrebt. Daneben soll eine vollkommene Harmonie von Körper, Geist und Seele erreicht werden. Der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) definiert Yoga als „ganzheitlichen Übungsweg“. Dieser habe „weitreichende Wirkungen sowohl auf der körperlichen als auch auf der emotionalen und geistig-spirituellen Ebene“.
Wie viele Praktizierende es hierzulande gibt, kann der BDY nicht genau sagen. Einer Befragung in seinem Auftrag zufolge praktizieren 23 Prozent der Befragten Yoga oder wollen damit anfangen. 2014 lag die Zahl noch bei 19 Prozent. Wie viele Deutsche nun auf Yoga schwören, lässt sich also nicht sagen – dass die Nachfrage groß ist, zeigt das vielfäl- Angebot, das von der Volkshochschule über Sportvereine bis zu den Schulen reicht. „Yoga hat sein Image verändert“, sagt Yoga-Lehrerin Jessica Fink, Sprecherin des BDY, in dem mehr als 4600 Yogatige Profis organisiert sind. Früher sei Yoga „etwas Fremdes aus Indien“gewesen. Inzwischen wisse fast jeder, dass die Übungen einen gesundheitlichen Nutzen hätten: „Heute suchen viele im hektischen Alltag eine Kraftquelle – und finden sie im Yoga.“
Und die Industrie zieht mit. Um Yoga-Zubehör wie Matten, Outfit und Ernährung ist ein eigener Markt entstanden. Auch der Buchmarkt ist voll, von seriösen bis zu eher kuriosen Titeln: Yoga für Kinder, Schwangere und Sportler ist ebenso im Verlagsprogramm wie Yoga mit Hund. Prominente, die im Yoga zu sich gefunden zu haben scheinen, tragen weiter zur Popularität bei.
BDY-Sprecherin Fink weist allerdings darauf hin: „Jeder darf sich Yoga-Lehrer nennen“; dies sei kein geschützter Begriff. Sie rät Einsteigern daher, sich zu erkundigen, ob der Anbieter eine entsprechende Ausbildung von durchgehend mindestens zwei Jahren absolviert hat. Fink ist überzeugt davon, dass schon eine feste Yoga-Übungsstunde pro Woche Wirkung zeige.