Mittelschwaebische Nachrichten
Polen feiern Richterin
Spitzenjuristin wehrt sich gegen Regierung
Warschau Im Streit um den Zwangsruhestand für Richter an Polens Oberstem Gerichtshof bietet die Vorsitzende Richterin Malgorzata Gersdorf der Regierung die Stirn. Gersdorf erschien am Mittwoch zur Arbeit und protestierte damit gegen die umstrittene Entscheidung der nationalkonservativen Regierung, sie in den Ruhestand zu schicken. Tausende Demonstranten in Warschau unterstützten die Richterin.
Gersdorf wurde vor dem Gerichtsgebäude von 3000 bis 4000 Demonstranten gefeiert. Sie riefen „Freie Gerichte“, „Verfassung“und „Unabsetzbar“. Sie mische sich nicht in die Politik ein, sagte Gersdorf, als sie den Gerichtshof in Warschau betrat. Sie wolle aber für die Rechtsstaatlichkeit in Polen kämpfen und „die Grenze zwischen der Verfassung und dem Verstoß gegen die Verfassung aufzeigen“.
Der Zwangsruhestand für Oberste Richter gehört zu einer Reihe umstrittener Justizreformen, deretwegen die EU-Kommission seit 2016 gegen die polnische Regierung vorgeht. Das umstrittene Gesetz schickt 27 der 73 Richter am Obersten Gerichtshof in den Zwangsruhestand, die älter als 65 Jahre sind. Aus Sicht der EU-Kommission beschneiden die Reformen die Unabhängigkeit der Justiz. Wegen des Umgangs mit dem Obersten Gericht hatte sie am Montag ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), kritisierte, die Richter würden wegen ihrer politischen Meinung entlassen.