Mittelschwaebische Nachrichten
Nicht auszudenken!
Sicherheit. Sicherheit. Sicherheit. Es hätte ja, es könnte ja, nicht auszudenken, was wäre, wenn… Und die Verantwortung. Die Vorschriften. Alarmpläne. Und wer trägt und wer will und wer würde? So unumstößlich ist inzwischen die Doktrin „Sicherheit über alles“, dass jedes Abwägen schon wie Leichtsinn betrachtet wird.
Aber träumen wir einmal. Stellen uns vor, an jenem Ferienbeginn-Sonntag auf dem Münchner Flughafen hätten die Sicherheitsleute so etwas wie Lebenserfahrung, wie Bauchgefühl oder auch das, was man früher einmal „gesunden Menschenverstand“genannt hat, walten lassen. Und hätten die Frau, die folgsam mit ihrem wegen kleiner Flüssigkeit beanstandeten Kosmetikkoffer von der Handgepäckkontrolle zurück zur Gepäckaufgabe gegangen war und dann auf dem Rückweg wie auch immer an der Sicherheitsschleuse vorbei in den Abflugbereich geriet – ja: halt gehen lassen. Das Ungeheuerliche denken: Wäre es vorstellbar, dass man dieses in Kauf genommen hätte – zigtausenden Reisenden zuliebe? Situationsvertrauen? Und jener Sicherheitsalarm: Galt er dem Prinzip oder dieser Frau? Wie gesagt: Ein Traum, eine fahrlässige Vorstellung. Kann reflexartig gekontert werden: Jetzt, nachdem nichts passiert ist, hat man leicht reden… Dich möchte ich hören! Absolut unverantwortlich!
Das ist es ja, das Sicherheitsgesetz, der unbezwingbare Paragraf „Was wäre wenn“. Restrisiko heißt immer: Vollbremsung muss sein. Und darf man wenigstens fragen, was diese Woche geschehen wäre, hätte ein anderer, gelassener Zugreisender in Aschaffenburg im ICE jene Petrischale im Gepäcknetz vor seinem Sitz zwar wahrgenommen, aber nicht weiter beachtet und sich nichts Böses dabei gedacht? Weil es aber ein übereifriger oder was immer für ein Zeitgenosse war: Alarm ausgelöst. Großeinsatz. Zugräumung. Es hätte ja!