Mittelschwaebische Nachrichten
Das Flugzeug fiel wie ein Stein vom Himmel
20 Menschen sterben beim Absturz einer Oldtimer-Maschine in der Schweiz. Ist die Hitze schuld?
Flims Nach dem Absturz eines Oldtimer-Flugzeugs in der Schweiz mit 20 Toten suchen Flugexperten nach der Ursache für die Tragödie. Hitze könne „ein Faktor gewesen sein“, hieß es von der betroffenen Fluglinie Ju-Air. „Hohe Temperaturen können eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Flugzeugs bedeuten“, bestätigte auch Daniel Knecht von der schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle.
Die Oldtimer-Maschine war wenige Tage nach der letzten Wartung mit 20 Menschen an Bord in den Alpen abgestürzt. Es gab keine Überlebenden, wie die Kantonspolizei Graubünden am Sonntag mitteilte. „Das Flugzeug ist nahezu senkrecht und mit relativ hoher Geschwindigkeit auf den Boden geprallt“, erklärte Unfallforscher Knecht. Der Pilot habe keinen Notruf abgesetzt. An Bord der 79 Jahre alten Maschine vom Typ Junkers Ju-52 waren am Samstag 17 Schweizer sowie ein österreichisches Paar mit seinem Sohn. Die Insassen waren 42 bis 84 Jahre alt. Die Maschine hat im Volksmund den Spitznamen „Tante Ju“. Die Linie Ju-Air bietet seit 35 Jahren Rundflüge mit drei Maschinen dieses Typs an. Der Verein, der die Ju-Air betreibt, stellte sämtliche Flüge vorerst ein. Die Gesellschaft bot auch Rundflüge in Deutschland an, darunter in Mönchengladbach, Leverkusen und Mainz. Auch dort ruhe der Betrieb, sagte Mitbegründer Kurt Waldmeier.
Die Absturzstelle lag am Berg Piz Segnas in einem Wandergebiet auf mehr als 2500 Metern Höhe. Der 3098 Meter hohe Piz Segnas liegt etwa 100 Kilometer südöstlich von Zürich. Zu einer ersten, bislang ungedeckten Überlegung, dass die Temperaturen den Absturz herbeigeführt haben könnten, sagte Daniel Knecht von der Untersuchungsstelle: Hitze sei keine Gefahr an sich. Es komme auf den Umgang mit der Maschine an. „Grundsätzlich ist Hitze mit einer Verdünnung der Luft verbunden“, erklärte er. „Das Flugzeug hat bei gleicher Höhe weniger Leistung, das spürt man etwa beim Start oder in einer Kurve.“Piloten könnten bei entsprechender Wetterlage etwa das Gewicht reduzieren. Nach Angaben von Ju-Air war der Pilot sehr erfahren. Der 62-Jährige sei mehr als 30 Jahre unter anderem für die Fluggesellschaft Swiss geflogen. Der Co-Pilot, 63, sei ebenfalls mehr als 30 Jahre als Linienund Militärpilot geflogen.
Die Passagiere hatten eine zweitägige Ju-Reise vom Militärflughafen Dübendorf bei Zürich in den Kanton Tessin nach Locarno gebucht. Sie waren auf dem Rückweg, als das Unglück passierte.
Das in Dessau (Sachsen-Anhalt) gebaute Flugzeug war Baujahr 1939. „Das Alter einer Maschine steht in keinem Zusammenhang mit der Gefährlichkeit (eines Fluges)“, sagte Knecht. Die Unglücksmaschine sei erst Ende Juli in der Wartung gewesen, hieß es vom Veranstalter – ohne Beanstandung. Nach Aussage der Polizei sind keine technischen Aufzeichnungen vorhanden. Nach Knechts Angaben können Fremdeinwirkung oder der Zusammenstoß mit einem Hindernis ausgeschlossen werden. „Es gibt auch keine Hinweise, dass das Flugzeug Teile verloren hat oder in der Luft auseinandergebrochen ist.“
Am Samstagmorgen war bei Hergiswil – rund zehn Kilometer südlich von Luzern am Vierwaldstätter See – bereits ein Flugzeug abgestürzt. Eine vierköpfige Familie aus der Region mit zwei minderjährigen Kindern kam ums Leben.