Mittelschwaebische Nachrichten
Kampf dem Suff auf dem Pferd
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) hat für die Jugend-Meisterschaften am Wochenende in München Alkoholkontrollen angekündigt. Weil auch der Pferdesport nicht dopingfrei ist, könnte man vermuten, es würden die Vierbeiner kontrolliert. Tatsächlich aber sind es die Reiter. Die Alkoholkontrollen sind der verzweifelte Schritt eines Sportverbandes, dem Nachwuchsathleten aus der Spur geraten sind.
Das belegt ein Spiegel-Artikel über junge Springreiter aus dem Nationalkader, die bei Turnieren alkoholisiert Mädchen sexuell missbraucht haben sollen.
Die FN verteidigt sich reflexartig mit dem Hinweis auf Einzelfälle. Was heißen soll: Der Reiternachwuchs säuft nicht organisiert und ist auch sonst gut erzogen. Tatsächlich sind es ja auch überwiegend Söhne und Töchter aus sogenannten besseren Häusern, die den sportlichen Erfolg ihrer Sprösslinge gerne mit sechsstelligen Beträgen fördern. Aus diesem Engagement entsteht eine Blase, in der spezielle Regeln gelten. Der Verband dringt in diesen Kosmus nur mehr schwer ein. Und wenn doch, dann vertuscht er die Missstände, auf die er stößt lieber, als sie zu benennen.
Fehlverhalten zu ahnden, ist Pflicht des Verbandes
Diesen Gedanken legen die Äußerungen des mehrfachen Weltmeisters und Olympiasiegers Ludger Beerbaum nahe, es sei viel zu lange weggeschaut worden. Nun ist es nicht Aufgabe der FN, Jugendliche zu erziehen. Fehlverhalten aber zu ahnden, auch wenn es zum Nachteil eigener sportlicher Ziele geschieht, ist ihre Pflicht.
Dass ehrgeizige Eltern Regeln unterlaufen und den Sportfunktionären das Leben oft schwer machen, gilt nicht nur für den Reitsport. Saufgelage und alles, was daraus an Peinlichem und Gesetzeswidrigem entsteht, gibt es zudem in fast allen Sportarten. Das muss nicht überraschen. Schließlich bildet der Sport nur die Gesellschaft ab, die sich in Teilen gerne organisiert und verkleidet zuschüttet. Dass es der Suff offenbar in den gehobenen Reitsport geschafft hat, war bislang nicht bekannt. So gesehen bleibt der Reiterlichen Vereinigung, bei aller Absurdität des Vorgangs, nichts anderes übrig, als die Reiter an den Alkomaten zu schließen, damit keiner betrunken in einen Oxer rauscht.