Mittelschwaebische Nachrichten
Die täglichen Gefahren im Netz
Technik Bei einem Vortrag von Experte Cem Karakaya in der Weißenhorner Fuggerhalle erfahren Zuhörer Erschreckendes über die Sorglosigkeit so mancher Internet-Nutzer
Weißenhorn Zum Entschlüsseln eines vierstelligen Pin-Codes benötigt der Hacker nur wenige Sekunden. Mit dieser Feststellung hat Cem Karakaya als Experte für Internetkriminalität am Donnerstagabend die gut 150 Zuhörer in der Fuggerhalle schockiert. Auf Einladung der städtischen Realschule Weißenhorn referierte der Fachmann und InterpolMitarbeiter über die alltäglichen Gefahren im worldwide web.
Einen Fokus legt Karakaya auf die Gerätesicherheit. Dringend empfahl er beispielsweise einen regelmäßigen Wechsel des jeweiligen Passworts und das Installieren der geforderten Updates. Dabei steht er der zunehmenden Digitalisierung ambivalent gegenüber: Es komme primär darauf an, wie mit der Technologie umgegangen werde. Denn nicht der Computer an sich sei gefährlich, sondern der Mensch dahinter, sagte Karakaya.
Um das zu untermauern, nannte er das Beispiel eines Facebook-Kontos, das über drei Jahre aktiv war. Mehr als 1200 gedruckte Seiten persönlicher Information habe der Nutzer in diesem Zeitraum preisgegeben. So ließ sich bereits aus wenigen Stichworten ein ausführliches Profil des Nutzers herstellen. Am Beispiel dieses jungen Mannes aus Wien konnte mühelos ausgelesen werden, über welches Einkommen er verfügt, wie er sexuell orientiert ist, welche politische Einstellung er hat und vieles mehr.
Google wisse alles, sagte Karakaya weiter, „auch wie dein WLAN-Router heißt“. Besonders gefährdet seien dabei die Jugendlichen. Während der Fachmann eine Handynutzung bereits in der Grundschule strikt ablehnt, stelle sich prinzipiell die Frage nach einem verantwortungsvollen Umgang. Gerade Heranwachsende posten „auf Teufel komm raus“, berichtete Karakaya.
Die Posts und vor allem die Fotos seien aber nicht ungefährlich. Dadurch sei der Jugendliche erpressbar, denn die Daten würden nicht gelöscht. Ein Hacker könne ohne großen Aufwand ein Bewegungsprofil erstellen und den ihm bis dahin unbekannten Nutzer problemlos identifizieren. Sollte es sich bei den Fotos gar um eigene Nacktaufnahmen handeln, mache sich der jugendliche Verbreiter sogar strafbar. Eine Unterscheidung zwischen Virtualität und Realität sei erst ab dem Alter von etwa 16 Jahren möglich, sagte Karakaya.
Weitere Vorsicht sei bei Einkaufsportalen geboten. Scheinbar günstige Angebote führten nicht selten zu einem „Fake Shop“, der in Wirklichkeit gar nicht existiere. Ist der Geldbetrag erst einmal überwiesen, höre der Besteller nie wieder etwas vom Verkäufer.
Eine ähnliche Masche sei aus mehreren Dating-Portalen bekannt. Die erotischen Liebesschwüre erwiesen sich als geheuchelt und dienten lediglich dazu, dem oder der Angehimmelten Geld aus der Tasche zu ziehen – sei es für die angebliche kranke Mutter oder für die Reise nach Deutschland.
Die Tricks seien grenzenlos und häufig habe es der Suchende statt mit einer realen Person nur mit einem programmierten Computer zu tun. 37 Prozent aller Profile seien unecht, berichtete Karakaya. Eines, so schloss der Fachmann für Internetkriminalität seinen Vortrag in der Fuggerhalle, müsse jedem bewusst sein: Die Angebote im Internet sind nicht umsonst. Jeder bezahlt dafür – und zwar mit seinen Daten.