Mittelschwaebische Nachrichten
UN
Die Vereinten Nationen wollen noch vor Weihnachten mit zwei Dokumenten Flucht und Migration global in den Griff kriegen. Beide sind unverbindlich und haben eine Vorgeschichte
fliehen. Flüchtlinge eben. Sie genießen einen besonderen völkerrechtlichen Schutz. Damals, 2015, genauso wie heute, finden die meisten Unterschlupf in armen Ländern. Guterres zielt darauf ab, die Lager in den Aufnahmeländern besser auszustatten: mehr Essen, mehr Medikamente, stabile Unterkünfte, Bildung für die Kinder. Dadurch will er sicherstellen, dass sich die Flüchtlinge eben nicht auf eigene Faust auf den Weg in andere, reiche Länder machen. Hilfe in den Camps soll zum Bleiben motivieren.
Die Debatte in den Vereinten Nationen nimmt Fahrt auf. Ganz vorne dabei: der damalige Generalsekretär Ban Ki Moon aus Südkorea, dessen Stellvertreter Jan Eliasson aus Schweden und der Sonderbeauf- tragte für Migration, der im Januar verstorbene Peter Sutherland aus Irland. Sie streben große Lösungen an, wollen nicht nur der Flüchtlingskrise Herr werden. Sie wollen auch die Migrationsströme regulieren, denn bis dahin gibt es keine internationale Übereinkunft über Einwanderung. In der Praxis verschwimmen die Grenzen zwischen Migranten und Flüchtlingen oft. Migranten fliehen nicht vor bewaffneten Konflikten und Diktatoren, Migranten suchen schlicht ein materiell besseres Leben in der Fremde.
Später im Jahr 2015, am 14. Dezember, schickt der Präsident der UN-Vollversammlung, der Däne Mogens Lykketoft, einen Brief an die Botschaften der Mitgliedsländer. Dem Schreiben liegt ein Resolutianderes onsentwurf für einen UN-Gipfel über die „großen Bewegungen von Flüchtlingen und Migranten“bei. Der Gipfel solle am 19. September 2016 in New York stattfinden.
Im Vorfeld dieses Gipfels präsentiert UN-Generalsekretär Ban seinen Entwurf eines „Globalen Paktes“: Die UN-Mitgliedsländer sollten pro Jahr mindestens zehn Prozent aller Flüchtlinge umsiedeln. Ban schlug das ernsthaft vor. Millionen Menschen hätten aus stark betroffenen Aufnahmeländern wie Jordanien in dritte Staaten gebracht werden sollen. Dauerhaft. „Wir können es uns leisten zu helfen“, wirbt Ban und denkt wohl in erster Linie an zahlungskräftige Länder in Nordamerika und Europa. Erwartungsgemäß zeigen diese Länder, allen voran die USA, Deutschland und die anderen EU-Staaten, dem UNGeneralsekretär die kalte Schulter.
Auf dem großen Gipfel zu Flucht und Migration am 19. September 2016 spielt der radikale Ban-Plan keine Rolle mehr. Die UN-Länder verabschieden aber einmütig die sogenannte New Yorker Erklärung. Sie bekräftigen darin, das Leben von Flüchtlingen und Migranten zu schützen, ihre Menschenrechte zu wahren und die Verantwortung für die globale Krise zu teilen. Und die Deklaration steckt auch einen Fahrplan ab. Bis 2018 sollten die UNMitgliedsländer zwei Pakte verabschieden: den einen über Lastenteilung in der Flüchtlingskrise, den anderen über sichere, geordnete und reguläre Migration. Daraufhin begann das Feilschen der Unterhändler. Jetzt, mehr als zwei Jahre nach der New Yorker Erklärung, liegen beide Pakte auf dem Tisch.