Mittelschwaebische Nachrichten
Polizisten unter Verdacht
solche Anzeigen stellen sich oft aber als nicht stichhaltig heraus“, erklärte der Sprecher weiter.
Vergangene Woche endete ein Verfahren vor dem Oberlandesgericht München um Schmerzensgeld nach einem Polizeieinsatz mit einem Vergleich. Ein Fußballfan war im März 2013 mit einem Polizisten aneinandergeraten und verletzt worden.
Gesetzlich ist konkret festgelegt, wann Polizisten Gewalt einsetzen dürfen. „Das ist dann der Fall, wenn sie erforderlich ist, um polizeiliche Maßnahmen wie Festnahmen oder Platzverweise durchzusetzen“, erklärt Professor Tobias Singelnstein vom Lehrstuhl für Kriminologie an der Ruhr-Universität Bochum. „Gewalt ist das letzte Mittel, zu dem die Polizei greifen darf“– nämlich dann, wenn mildere Mittel wie Gespräche oder Androhungen nicht reichen.
Verfahren gegen Polizeibeamte sind besonders, da Kollegen gegen Kollegen ermitteln. In Bayern macht das seit 2013 die Abteilung „Interne Ermittlungen“beim Landeskriminalamt. Damit will man Distanz zum täglichen Einsatzgeschehen erreichen und die Neutralität der Ermittlungen gewähren. „Häufig handelt es sich um Aussage-gegen-Aussage-Situationen mit schwieriger Beweislage“, berichtet Singelnstein. In der Glaubwürdigkeitshierarchie der Justiz stünden Polizisten weit oben. Mitunter habe man den Eindruck, so der Professor, die Staatsanwaltschaft suche vor allem nach Umständen, die Beamte entlasten, und weniger nach belastendem Material.
Polizeigewalt kann jedem widerfahren. Doch für Gruppen wie Geflüchtete, Wohnungslose und Suchtkranke bestehe mutmaßlich eine höhere Wahrscheinlichkeit, betroffen zu sein, so die These des Forschers. Das gelte auch für „gesellschaftliche Gruppen mit einem etablierten Konfliktverhältnis zur Polizei“. In diese Kategorie könnten politische Aktivisten oder Fußballfans fallen. Das weist der Ministeriumssprecher jedoch als „völligen Unfug“zurück. „Solche Thesen dienen unserer Auffassung nach insbesondere dazu, Stimmung gegen die Arbeit der Polizei zu machen, die Menschen zu verunsichern und im schlimmsten Fall Gewalt gegen Polizisten zu legitimieren.“