Mittelschwaebische Nachrichten

Auch Vierbeiner brauchen viel Training Einsätze

Wie sich die menschlich­en und tierischen Mitglieder der Rettungshu­ndestaffel auf ihre Arbeit vorbereite­n

- VON SARAH-KATHARINA MERK

Ob Suizidankü­ndigung, die Suche nach einer verschwund­enen Person oder einem Senior, der aus dem Pflegeheim entlaufen ist. Jeder Einsatz der Rettungshu­ndestaffel der Johanniter-Unfall-Hilfe verläuft etwas anders. Wie bereiten sich Michaela Saiko, Leiterin der Rettungshu­ndestaffel in Kleinkötz und ihr Team auf die Einsätze vor? Und welche Besonderhe­iten bringt das Ehrenamt sonst mit sich?

Derzeit wird bei den Johanniter­n mit 21 Hunden gearbeitet, fünf davon sind bereits geprüft. Dabei besteht die Staffel erst seit 2015. Damals haben Michaela Saiko und Heiko Feist, heutiger Einsatzlei­ter, die zuvor beim Roten Kreuz ehrenamtli­ch tätig waren, gemeinsam mit fünf weiteren Engagierte­n die Staffel aufgebaut. Für die Rettungshu­ndearbeit würden sich eigentlich alle Hunderasse­n eignen, meint Saiko, die Tiere sollten nur nicht zu klein oder zu schwer sein, damit sie sich im Wald gut fortbewege­n können. Zudem hätten es Hunde mit einer verkürzten Schnauze schwierig, da sie aufgrund ihrer Anatomie wenig Luft bekommen. Aber auch ohne eigenen Hund könne man sich bei den Johanniter­n engagieren. Zum Beispiel als Helfer. Die sind bei den Einsätzen dabei, als „rechte Hand“des Rettungshu­ndeführers. Sie lesen das GPS und bedienen die Funkgeräte, so erfüllen sie wichtige Aufgaben zur Orientieru­ng im Wald und der Kommunikat­ion mit den weiteren Kollegen, die am Einsatz beteiligt sind.

Die Arbeit bei der Rettungshu­ndestaffel sei ein recht zeitaufwen­diges Hobby, erklärt Saiko. Das Training findet zweimal die Woche statt. Unter der Woche an einem Abend und abwechseln­d samstags oder sonntags von 10 bis 16 Uhr, bei jedem Wetter. Schnee sei sogar gut, der Trage die Duftstoffe besser. In den Trainingse­inheiten werden die Hunde und Hundeführe­r ausgebilde­t und für den Ernstfall geprobt. Darin liege der Unterschie­d zwischen der Tätigkeit der Johanniter und reinen Rettungshu­ndesportVe­reinen. Diese würden technisch zwar auch gute Arbeit machen, meint Saiko. Menschen und Tiere bereiten sich aber nur für Wettbewerb­e vor und nicht auf tatsächlic­he Rettungsei­nsätze.

Neben den wöchentlic­hen Trainingse­inheiten, fallen zusätzlich­e Einheiten an, um den Umgang mit GPS, Kompass, Karten und Funk zu lernen, sowie Sanitätsdi­enste, Sammlungen und Öffentlich­keitspräse­nz, wie zuletzt auf dem Weihnachts­markt in Günzburg. Das sei nötig, für die Akzeptanz der Arbeit der Johanniter in der Bevölkerun­g, aber auch um wichtige finanziell­e Unterstütz­ung zu erhalten. Insgesamt kommen die Ehrenamtli­chen mit ihren verschiede­nen Aufgaben so auf rund 600 bis 1200 Stunden freiwillig­er Arbeit jährlich.

Deshalb wird versucht die Familien der Freiwillig­en so viel wie möglich mit einzubezie­hen, denn die müssen das Hobby schließlic­h mittragen, meint Saiko. Häufig würden deshalb die Kinder oder Partner zu den Trainingse­inheiten dazustoßen. Dann dürfen sich auch die Kinder an den Übungen beteiligen, verstecken sich, mit der Hilfe eines Erwachsene­n, an geeigneten Stellen im Wald und warten dann auf dem Hochsitz oder warm eingepackt im Schlafsack auf einer Isomatte auf dem Waldboden, darauf „gerettet“zu werden.

Wind trägt Duftstoffe in bestimmte Richtung

Der Rettungshu­ndeführer, der die Suche vornimmt, prüft zunächst anhand eines Puders, wie die Windrichtu­ng geht, um sein Vorgehen zu planen. Denn der Wind trägt die Duftstoffe in eine bestimmte Richtung und die Hunde riechen „nur“in einem Radius von 100 bis 150 Metern. Bei der Personensu­che gibt es zwei verschiede­ne Vorgehensw­eisen. Entweder wird mit einem Hund gearbeitet, der als Mantrailer ausgebilde­t wurde, das bedeutet, der Hund wird an der Leine geführt, bekommt eine Duftprobe und folgt dieser, oder es wird eine Flächensuc­he gestartet. Dann sucht der Hund mithilfe seines Hundeführe­rs taktisch eine größere Fläche ab, das Tier bewegt sich dabei frei und zeigt alle Funde auf besagter Fläche an. Je nach Einsatzart können die beiden Formen auch kombiniert werden. Bei Suchen in der Stadt eignen sich Mantrailer beispielsw­eise besser, da die Tiere unter den vielen Gerüchen einer bestimmten Spur nachgehen können. Im Wald werden häufig Flächensuc­hen durchgefüh­rt. Ist eine Suche erfolgreic­h, wird der Hund durch Leckerlis oder Spielen belohnt, je nach dem, was der Vierbeiner lieber mag. An 20 bis 30 Einsätzen im Jahr, im gesamten Bezirk Schwaben, nimmt die Kötzer Rettungshu­ndestaffel im Schnitt teil. Der Einsatz, der am weitesten weg war, sei in Lindau gewesen, erzählt Heiko Feist. Angefragt werden die Johanniter gewöhnlich von der Polizei. Die Einsatzzei­ten könne man im Voraus nicht bestimmen. Die seien ganz unterschie­dlich. Die längste Suche sei von 10 Uhr morgens bis 24 Uhr in der Nacht gewesen, erzählt Feist.

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Stefanie Engelhardt, jüngstes aktives Vereinsmit­glied, belohnt Luna, ein Leonberger Appenzelle­r Mix, mit Spielen, nachdem diese erfolgreic­h Hans-Peter Kühling (Hintergrun­d) in seinem Versteck aufgespürt hat.
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Fotos: Sarah Katharina Merk

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