Mittelschwaebische Nachrichten
Gottschalks Wandlung
Eine der wichtigsten Eigenschaften des Menschen ist bekanntlich seine Lernfähigkeit. Dank ihr lebt er nicht mehr in triefenden Tropfsteinhöhlen, sondern in Luxuslofts mit Luftwärmepumpe, wo er sein selbst gejagtes Mammut nicht mehr über dem Lagerfeuer grillt, sondern den im Biomarkt erworbenen Tofu im Thermomix dünstet. Beide Beispiele zeigen: So lernfähig der Mensch ist, so wandlungsfähig ist er auch. Er entwickelte sich vom hungrigen Fleischfresser zum diäthaltenden Pflanzengenießer und vom robusten Naturmenschen zum verweichlichten Schönwetterspaziergänger.
Ob die Fähigkeit zur Wandlung dem Menschen immer zum Guten gereicht, sei dahingestellt. Fakt ist: Menschen verändern sich – in denkbare wie undenkbare Richtungen. Jüngstes Beispiel ist Thomas Gottschalk, der ab Frühjahr im Bayerischen Fernsehen eine eigene Literatursendung moderieren darf. Nun galt der gelockte Wahlamerikaner bislang eher als Meister des Seichten denn des Tiefgründigen. Doch diesem Ruf möchte er offenbar entgegenwirken. Immerhin habe er drei Semester Germanistik studiert und in seiner abgebrannten Villa sei der Bücher- größer als der Kleiderschrank gewesen. Künftig wird Gottschalk also viermal im Jahr mit Schriftstellern über deren Bücher sprechen. Gelingt es ihm, mehr Menschen dazu zu bringen, wieder zu lesen, statt nur zu klicken, zu wischen und zu liken, wäre das beachtlich. Und eine Wandlung zum Guten. Von Gottschalk. Für alle. Wetten, dass?