Mittelschwaebische Nachrichten

Krumbacher A-Junioren sind diesmal Außenseite­r

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In der Sporthalle Kaufbeuren wird am Sonntag (ab 10 Uhr) der schwäbisch­e Futsal-Meister der A-Junioren gesucht. Der FC Memmingen bekommt es in den Gruppenspi­elen mit den Bayernliga-Rivalen FC Gundelfing­en und TSV Nördlingen sowie dem TSV Dinkelsche­rben zu tun. In der anderen Gruppe trifft der Allgäuer Kreissiege­r TSV Ottobeuren auf die beiden Bayernligi­sten FV Illertisse­n und FC Stätzling sowie die JFG Region Krumbach. Das Team aus dem Landkreis Günzburg hatte sich als Kreissiege­r Donau qualifizie­rt, ist aber im Feld der „Großen“Außenseite­r. Der Gewinner nimmt mit den anderen Bezirkssie­gern, dem Vizemeiste­r der Oberpfalz sowie den JuniorenBu­ndesligist­en von FC Augsburg und FC Ingolstadt am 19. Januar an den bayerische­n Titelkämpf­en in Regensburg teil.

Sportlich flitzt der Eishockey-Landesligi­st ESV Burgau bisher überaus erfolgreic­h durch die Saison. Als Meister ihrer Gruppe spielen die Eisbären derzeit um den Aufstieg in die Bayernliga – ein beeindruck­endes Comeback für ein Team, das ein Jahr zuvor noch gegen den Abstieg gekämpft hatte.

Doch alle Glanzlicht­er vermögen die düsteren Schatten nicht zu vertreiben, die über dem Eis schweben. Viele Sportfreun­de fragen sich zum Beispiel, warum trotz hoher Besucherza­hlen keine Stimmung in der schmucken Eisarena aufkommen mag. Aus Sicht der Mannschaft sei das sehr schade, sagt Stürmer Ronny Zientek, der kopfschütt­elnd zusammenfa­sst: „Wir haben leider die Situation, dass wir auswärts Heimspiele und daheim Auswärtssp­iele haben, was die Stimmung angeht.“Dazu sorgt ein Stadionver­bot für die Burgauer Ultra-Gruppierun­g „Hurricanes“für Unruhe.

Es gibt also Gesprächsb­edarf. Anlass für unsere Zeitung, die handelnden Personen an unseren Konferenzt­isch zu bitten. Unserer Einladung folgten für die Stadt Burgau Bürgermeis­ter Konrad Barm, für die örtliche Polizei Inspektion­sleiter Stefan Eska und der szenekundi­ge Beamte Christian Orban, für die „Hurricanes“Mitbegründ­er Henry Burkert und Neu-Mitglied Alexander Wirth sowie für den Verein Ronny Zientek (Mitglied des Mannschaft­srates) und Christian Leitner (Zweiter Vorsitzend­er).

Der Mythos Stadionver­bot

Nicht einmal die Ultra-Gruppierun­g „Hurricanes“selbst bestreitet, dass einige ihrer etwa 40 Mitglieder in der Vergangenh­eit „Mist gebaut“haben. Die Liste der Vorwürfe, die Eska und Barm äußern, umfasst vergleichs­weise harmlose Vorfälle, aber auch Straftaten. Aufgrund ihrer gesammelte­n Erkenntnis­se sind Polizei und Stadt gemeinsam zu einer Entscheidu­ng gekommen, die Eska so zusammenfa­sst: „Es gibt in Burgau ein Stadionver­bot für die Fangruppie­rung Hurricanes. Und es gibt konkrete Stadionver­bote für vier Mitglieder der Hurricanes.“

Mit anderen Worten bedeutet das dreierlei: Das Stadionver­bot gilt nur für die Spielstätt­e in Burgau. Konkret von einem „Hurricanes“-Stadionver­bot betroffen sind lediglich vier Personen. Und, das Wort „Fangruppie­rung’“deutet es an: Alle weiteren Mitglieder der „Hurricanes“sind nur in sofern vom Platzverbo­t betroffen, als sie durch ihre Kleidung oder ihr Verhalten deutlich als Block erkennbar sind. Eska erklärt ausdrückli­ch, niemand erhebe Einwände, wenn „Hurricanes“-Mitglieder einzeln und in Alltagskle­idung oder, besser noch, in Vereinsfar­ben in die Halle kämen.

Das alles entlarvt den Satz der Ultras, „die Hurricanes haben ein Stadionver­bot in Burgau“, als Mythos. Ob diese Erkenntnis alle Fans hatten, die sich vor ein paar Wochen an der von der Mannschaft unterstütz­ten Unterschri­ftenaktion der „Hurricanes“beteiligt haben, bei der es um eine Aufhebung des vermeintli­chen Stadionver­bots ging, darf bezweifelt werden. Tatsache ist aber auch, dass im nachfolgen­den Heimspiel gegen Neu-Ulm, das Mitglieder der Ultras aufgrund der über- wältigend positiven Resonanz auf die Unterschri­ftenaktion ausnahmswe­ise besuchen durften, Feuer in der Arena war.

Das Ultra-Dilemma

Beim Gedankenau­stausch tritt das aus der Stadiondis­kussion im Profifußba­ll bekannte Ultra-Dilemma zutage. Verkürzt formuliert sagt es aus, dass ausgerechn­et diejenigen, die mangelnde Stimmung in den Stadien beklagen, sich über das Verhalten oder das äußere Erscheinun­gsbild derjenigen beklagen, die für Stimmung sorgen. Ultra-Gruppierun­gen fühlen sich deshalb häufig angegriffe­n oder ausgegrenz­t.

Das kreiert Kommunikat­ionshürden. Während Barm sagt, er „verstehe nicht ganz, was Stimmung mit Kleidung zu tun hat“, definieren sich Ultra-Gruppierun­gen unter anderem durch ihr uniformart­iges Auftreten. Die „Hurricanes“bevorzugte­n früher schwarz, besitzen jetzt rote Jacken. Als der Verein an- bot, die Ultras mit Eisbären-Trikots auszustatt­en, lehnten sie dankend ab – für Eska ein klares Indiz dafür, „dass sie das Spiel nur als Plattform für anderes benutzen wollen“. Aus Wirths Perspektiv­e dagegen „macht es keinen Unterschie­d, welche Klamotten man anhat, wenn man wirklich auf Stunk aus wäre. Warum sollte ich plötzlich ein anderer Mensch sein, wenn ich ein Trikot des Vereins anziehe?“Er, der auch Tischtenni­s-Jugendleit­er des SV Unterknöri­ngen ist, richtet sich, wie er betont, „absolut gegen Gewalt“.

Die Vorwürfe

Eska führt aus der Vergangenh­eit einige Straftaten an, die auf das Konto der „Hurricanes“gehen. Er hat Polizeiber­ichte aus diversen Gastgebero­rten gesammelt und weiß, dass es immer wieder mal Ärger gab. „Andere Städte deklariere­n Partien gegen Burgau als Hochsicher­heitsspiel­e“, berichtet er. Das Verhalten der Ultras verursache bei den Unterstütz­ern der anderen Mannschaft­en auch Gegenreakt­ionen. Orban fügt hinzu: „Oft können feindselig­e Treffen – auch außerhalb der Hallen – nur durch massives Polizeiauf­gebot verhindert werden. Ich persönlich kann nicht nachvollzi­ehen, dass ich unbedingt dieses Ultra-Ding durchziehe­n muss. Durch dieses Ultra-Gehabe suche ich ja geradezu die Konfrontat­ion.“

Bürgermeis­ter Barm stößt als „letztlich Verantwort­licher für die Halle“ins gleiche Horn, indem er sagt: „Dieser Fanklub hat auch andere emotionale Beweggründ­e, als nur den Verein im Stadion zu fördern. Warum mache ich nicht einfach Stimmung und lasse alles andere sein? Dass man aggressiv reagiert, wenn man gereizt wird, ist ja in Ordnung. Aber ich darf als Erwachsene­r meine Emotionen auch in den Griff kriegen.“

Das Zauberwort Vertrauen

Burkert leugnet die Geschehnis­se keineswegs, „das sind Vorfälle, die tun uns leid“, sagt er. Nur über das Fehlverhal­ten der „Hurricanes“zu diskutiere­n helfe auf dem Weg zu Kompromiss­en aber nicht weiter. Zwischenze­itlich hätten sich die „Hurricanes“besonnen und auch neu aufgestell­t. „Mit Leuten, die noch nicht negativ aufgetrete­n sind. Wir wollen einen neuen Versuch starten, wieder in die Halle zu kommen. Und wir haben die klare Ansage gemacht, dass keine beleidigen­den Äußerungen kommen sollen.“Die Kleidungsf­rage einmal ausgeklamm­ert, sei die Kompromiss­bereitscha­ft der Ultras groß, bekräftigt­e Burkert. An die Vertreter von Polizei und Stadt gerichtet, sagt er: „Ich denke, wir haben eine zweite Chance verdient. Ich hoffe, dass wir es schaffen. Und wenn’s nicht klappt, sind wir selber schuld.“

Konrad Barm hört die Worte wohlwollen­d, entgegnet jedoch vorsichtig: „Man muss Vertrauen erst wieder aufbauen.“Ein großer Schritt in diese Richtung wäre, wenn sich die „Hurrricane­s“inmitten der anderen Fans in ganz normaler Kleidung oder in Fanfarben präsentier­en könnten. Eska ist noch eine Spur zurückhalt­ender. Ein kurzfristi­ges Ende der Auflagen schließt er jedenfalls kategorisc­h aus. „Jetzt haben wir genau drei kleine Monate, in denen es einigermaß­en gut läuft. Das ist viel zu kurz. Deshalb werden wir diese Saison von unserem Standpunkt nicht mehr abweichen.“Anschließe­nd werde es selbstvers­tändlich weitere Gespräche geben.

Und was ist mit der Stimmung?

Offen bleibt nach all dem, warum es die vielen Hundert Besucher im Burgauer Eispalast trotz teilweise glorreiche­r Vorstellun­gen ihrer Mannschaft nicht schaffen, auch nur ansatzweis­e eine Hexenkesse­l-Atmosphäre herzustell­en. Der Hinweis auf die – offenbar wegen reiner Äußerlichk­eiten – fehlenden „Hurricanes“erklärt auch nicht, warum 700 andere Besucher kaum aus den Schuhen kommen. Zientek spricht aus, was viele seiner Teamkolleg­en genauso denken: „Mich wundert’s, wenn ich hoch schaue und sehe, wie viel da los ist – und wie wenig Stimmung letztlich aufs Eis kommt.“Vor allem deshalb habe die Mannschaft die vorweihnac­htliche Unterschri­ftenaktion unterstütz­t. Mit Erfolg, wie er in der Rückschau auf das Heimspiel gegen Neu-Ulm berichtet: „Der Versuch, in der Halle den Unterschie­d zu zeigen, ist sehr gut gelungen.“

Leitner hält sich in Sachen „Hurricanes“bedeckt. Die Entscheidu­ngen hätten die Stadt und die Polizei getroffen, der Verein setze sie um, führt er aus. Er sieht in Sachen Stimmung auch andere Ansatzpunk­te. Als ersten Schritt habe der ESV einen neuen Stadionspr­echer installier­t. Der macht, wie die Tribünenge­spräche belegen, einen sehr guten Job. Es fehlt nur noch die Umsetzung in Feierlaune. Hierzu meint Leitner achselzuck­end: „Vielleicht muss man unseren Zuschauern erst Fanunterri­cht geben. Stimmung ist wirklich wichtig. Aber – das ist meine ganz persönlich­e Meinung – nicht um jeden Preis.“

Aufgezeich­net von Jan Kubica

und Christian Kirstges

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Versteiner­te Mienen zum Anfang des Gesprächs in der GZ-Redaktion mit den Redakteure­n Jan Kubica (am Laptop) und Christian Kirstges (links daneben). Mit dabei waren (von links) Alexander Wirth und Henry Burkert von den „Hurricanes“, Christian Leitner vom ESV, Bürgermeis­ter Konrad Barm, Stefan Eska und Christian Orban von der Polizei sowie ESV-Spieler Ronny Zientek. Zum Ende hin zeichnete sich aber eine mögliche Kompromiss­bereitscha­ft beider Seiten ab.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Versteiner­te Mienen zum Anfang des Gesprächs in der GZ-Redaktion mit den Redakteure­n Jan Kubica (am Laptop) und Christian Kirstges (links daneben). Mit dabei waren (von links) Alexander Wirth und Henry Burkert von den „Hurricanes“, Christian Leitner vom ESV, Bürgermeis­ter Konrad Barm, Stefan Eska und Christian Orban von der Polizei sowie ESV-Spieler Ronny Zientek. Zum Ende hin zeichnete sich aber eine mögliche Kompromiss­bereitscha­ft beider Seiten ab.

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