Mittelschwaebische Nachrichten
Eine Pietà für Sophokles
Premiere II Nicht durchwegs überzeugend: Kathrin Mädlers Ingolstädter „Antigone“
Ingolstadt Eine insgesamt solide Inszenierung, beeindruckend vor allem durch die Qualität der sprachlichen Gestaltung. Aber nicht alles, was der Gastregisseurin Kathrin Mädler, im Hauptberuf Intendantin am Landestheater Schwaben in Memmingen, in ihrer Version der „Antigone“von Sophokles eingefallen ist, vermag zu überzeugen.
Auffälligster Eingriff: Die Rolle der Eurydike, der Gemahlin des Königs Kreon, ist gestrichen. Gerade in dieser bewegenden Gestalt der Mutter des Haimon, der an der Unbarmherzigkeit des Vaters zugrunde geht, setzt der mehr als 1500 Jahre alte Text am Ende noch einmal einen eigenen Akzent tiefer Menschlichkeit. In der Ingolstädter 90-Minuten-Fassung ist der Fokus nun ganz auf Kreon gerichtet, der am Ende mit seinem toten Sohn auf dem Schoß dasitzt wie eine Pietà-Figur, erkennend, welche grauenhaften Folgen sein Beharren auf Staatsräson angerichtet hat.
Antigone ist von ihm zum Tode verurteilt worden, weil sie gegen die Weisung des Herrschers verstoßen hat, ihren Bruder, den Vaterlandsverräter Polyneikes, nicht zu beerdigen, sondern seinen Leichnam den Tieren zum Fraß zu geben. Haimon, Antigones Verlobter, weiß nicht mehr ein noch aus, nachdem er beim König vergeblich um Gnade für seine Liebste gebettelt hat. Er geht an ihrer Seite in den Tod.
Kathrin Mädler neigt zu bedeutungsschwangeren Fingerzeigen. So am Beginn mit Schwarz-Weiß-Bildern von Kriegsszenen, Panzerkolonnen und Militärparaden in einer überlangen Videoeinspielung. So im Schlussbild, wenn Kreon mehrfach verzweifelt Anlauf nimmt, um auf der jetzt zur Steilwand gekippten Bühnenschräge hochzuklettern und sich festzukrallen. Von Anfang an ist vorne im Boden eine breite Grube ausgespart, wohl eine Art Totenkammer, die mal mit Holzplatten abgedeckt ist – und dann wieder geöffnet wird. Bei den Kostümen handelt es sich um Alltagsklamotten in eigenwilligem Stil (Ausstattung Frank Albert).
Nur Ingrid Cannonier ist in edles Schwarz gehüllt. Sie gibt als starke Solistin die Partie des Chors. Sarah Horak zeigt eine interessante Antigone, gegen das Rollenklischee ist sie eher ein trotziges Mädchen als eine aristokratisch Widerständige. Den Kreon gibt Matthias Zajgier in gewohnter Souveränität. Nächste Aufführungen: 25., 27. Februar, 2., 3., 9., 10. März