Mittelschwaebische Nachrichten

Wann prüft der Staatsanwa­lt die Kliniken?

Defizit: Immer mehr Rufe nach juristisch­en Schritten

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Landkreis Neu-Ulm Wird sich demnächst der Staatsanwa­lt durch die Klinikunte­rlagen der vergangene­n Jahre wühlen müssen? Offenbar. Schon vor geraumer Zeit hatte Landrat Thorsten Freudenber­ger in den Raum gestellt, dass die desolate Finanzsitu­ation der Kreisklini­ken „juristisch aufgearbei­tet werden müsse“. Im Kreistag vergangene Woche sprach er mehrfach davon und auch in der jüngsten Sitzung des Krankenhau­sausschuss­es am Freitagmor­gen sagte er, eine „juristisch­e Überprüfun­g ist mehr als geboten. Das ist jetzt beauftragt“. Auf konkrete Nachfrage im Landratsam­t, ob bereits Anzeige erstattet worden sei und wie der Vorwurf laute, hieß es am Nachmittag lediglich: „Die Möglichkei­t juristisch­er Schritte soll geprüft werden. Näheres lässt sich aktuell noch nicht sagen.“

Allerdings wurde auch im Ausschuss der Ruf nach dem Staatsanwa­lt immer lauter. Der Anlass: Die Abrechnung für das Jahr 2016, die sich der Rechnungsp­rüfungsaus­schuss stichprobe­nartig genauer angeschaut hatte. Damals ging es um ein Minus von knapp 9,3 Millionen Euro. Im Jahr darauf betrug es bereits 13,1 Millionen.

Die Rechnungsp­rüfer stellen fest, dass die Haushaltsf­ührung zwar ordentlich gewesen sei, aber die Wirtschaft­spläne nicht eingehalte­n wurden. Und offenbar wurde mit den Geldern eher freihändig umgegangen, wie sich in den Wortmeldun­gen einzelner Ausschussm­itglieder andeutete. Da wurden etwa Zahlungen völlig ohne Nachweis geleistet, sogar im sechsstell­igen Bereich, wie Ulrich Schäufele (SPD) anmerkte: „Das muss doch geprüft werden.“Ein Teil des Defizits resultiere daher, „dass kaufmännis­che Grundsätze nicht beachtet wurden“.

Auch Neu-Ulms Oberbürger­meister Gerold Noerenberg erwähnte „etliche Beanstandu­ngen, die schon ans Haftungsre­chtliche gehen“. Er empfand es als gravierend, dass die Verwaltung nicht auf kritische Hinweise reagiert habe. Klinikdire­ktor Marc Engelhard sagte vieldeutig, heute würden Rechnungen nur noch bezahlt, wenn auch ein Auftrag vorliege. Josef Kränzle (FW) beklagte eine „grobe Fahrlässig­keit“, deshalb müsse der Staatsanwa­lt ermitteln.

Der Krankenhau­sausschuss stellte die Rechnung fest, wie es im Fachdeutsc­h heißt. Zudem wurde nicht dem Landrat die Schuld für das damalige Defizit gegeben. Der Ausschuss erteilte ihm einstimmig die Entlastung. Der damalige Stiftungsd­irektor Michael Gaßner war im November 2016 entlassen worden, nachdem sich das gewaltige Defizit abgezeichn­et hatte.

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