Mittelschwaebische Nachrichten
So stark steigen die Wohnpreise seit der Finanzkrise
Datenanalyse In den vergangenen zehn Jahren sind die Preise für Neuvermietungen und den Immobilienkauf so stark in die Höhe geschossen wie nie zuvor. Die Analyse der Daten des Immobilienportals Immowelt.de zeigt, dass die Kostenexplosion am Wohnungsmarkt
Mieten steigen um über 40 Prozent
Am stärksten steigen die Mieten in Bayern nicht in München, sondern in Bayreuth: In der fränkischen Universitätsstadt stieg der Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen zwischen 2008 und 2018 um ganze 71 Prozent, wie aus den für uns erstellten Daten des größten deutschen Immobilien-Internetportals immowelt.de hervorgeht. Vor zehn Jahren, als die Finanzkrise von den USA nach Deutschland schwappte und wenig später auch die Eurokrise auslöste, kostete in der Festspielstadt die Kaltmiete noch 5,60 Euro, jetzt sind im Schnitt aus Alt- und Neubaumieten 9,60 fällig. Fast so viel wie in Augsburg, wo die durchschnittliche Miete von Immowelt mit 10,60 Euro angegeben wird.
In der Fuggerstadt stiegen die Preise für Neuvermietungen exakt wie in München um gewaltige 62 Prozent. In Schwaben klettern die Mieten insgesamt kräftig in die Höhe: Im Schnitt um 50 Prozent, leicht über dem bayerischen Durchschnitt. In wirtschaftlich starken Regionen, etwa um Ingolstadt und Donauwörth, schießen die Preise ähnlich wie in München nach oben.
„Ein Ende dieser Preisentwicklung ist nicht absehbar“, sagt der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, unserer Redaktion. „Weder die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag noch die Absprachen auf dem Wohngipfel im September 2018 haben daran etwas geändert“, fügt der Mietervertreter hinzu. Die Wohnungsneubauzahlen hinkten weit hinter den Ankündigungen der Politik zurück. „Statt 375000 neuen Wohnungen werden noch nicht einmal 300000 gebaut, vor allem bezahlbare Mietwohnungen fehlen, das heißt in erster Linie Sozialwohnungen“, kritisiert Siebenkotten.
Preisexplosion beim Kaufen
Der Immobilienmarkt boomt in ganz Deutschland und auch fast überall in Bayern. Im Schnitt sind die Preise für den Quadratmeter Wohnfläche im Freistaat um über 70 Prozent gestiegen, in vielen Regionen haben sie sich mehr als verdoppelt: In München und im Münchner Umland müssen Wohnungskäufer in der Regel 120 bis 140 Prozent mehr bezahlen als im Jahr 2008. Auch in den Städten Augsburg, Kempten, Ingolstadt in den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt, Starnberg und Landsberg haben sich die Kaufpreise für Wohnimmobilien laut den Daten des Immobilienportals immowelt.de mindestens verdoppelt. Lediglich in einigen nordbayerischen Landkreisen wie Kulmbach und Tirschenreuth bewegt sich die Teuerung auf dem Niveau der normalen Inflationsrate. Nur im strukturschwachen Landkreis Kronach sind Immobilien sogar billiger zu haben als 2008.
„Die historisch niedrigen Zinsen waren und sind ein wichtiger Faktor für die Preisentwicklung am Immobilienmarkt und waren vor knapp zehn Jahren die Initialzündung“, sagt der Immowelt-Experte Jan-Carl Mehles. „Während viel freies Kapital auf dem Markt sichere Anlagemöglichkeiten gesucht hat, wurden gleichzeitig mehr Menschen in die Lage versetzt, einen Immobilienkauf zu finanzieren.“An dieser Situation, die die Immobilienpreise nach oben treibt, wird sich seiner Einschätzung nach in absehbarer Zeit nichts grundlegend verändern. Seinen Berechnungen nach „müssten Hypothekendarlehen im Schnitt auf knapp drei Prozent steigen, damit die Kaufpreise stagnieren“, erklärt Mehles.