Mittelschwaebische Nachrichten
Empörung über Ankara
Bundesregierung will für Reporter kämpfen
Berlin In der Affäre um die erzwungene Ausreise von deutschen Journalisten aus der Türkei – darunter Thomas Seibert, der für unsere Redaktion arbeitet – wächst in Deutschland die Empörung. Die Bundesregierung will sich für die Betroffenen einsetzen. Der Fall belastet die krisenhaften, jüngst aber verbesserten Beziehungen Deutschlands zur Türkei schwer. Das Auswärtige Amt hat unter anderem deswegen am Wochenende die Reisehinweise für die Türkei verschärft. Neben Thomas Seibert musste auch
Jörg Brase das Land verlassen. Das Presseamt in Ankara hatte ihnen ohne Angabe von Gründen vor rund einer Woche mitgeteilt, dass ihnen eine neue Pressekarte nicht bewilligt werde.
Nach Einschätzung von Cduchefin Annegret Kramp-karrenbauer verschlechtert der Fall die Chancen auf eine weitere Annäherung der Türkei an die Europäische Union. „Wir haben immer gesagt, wir sehen eine besondere Partnerschaft mit der Türkei“, sagte Kramp-karrenbauer am Montag. Mit der Entscheidung, unabhängige Journalisten nicht zu akkreditieren, entferne sich die Türkei aber davon.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir warnte vor Reisen in die Türkei. Er sieht auch die Bundesregierung in der Verantwortung – schließlich sei die Türkei Partner in der Nato und Mitgliedstaat im Europarat. „Vielleicht sollte Berlin mal langsam zur Kenntnis nehmen, dass die reale Türkei, mit der Türkei, die man sich in Berlin wünscht, nicht mehr viel gemeinsam hat“, sagte er. Schärfere Reaktionen von der Bundesregierung fordert auch der Deutsche Journalisten-verband. Dessen Bundesvorsitzender Frank Überall bezeichnete die Verschärfung der Reisehinweise nur als „einen ersten Schritt auf der diplomatischen Eskalationsleiter“. Dabei dürfe es nicht bleiben.
Die Pressekarten ausländischer Korrespondenten laufen jedes Jahr Ende Dezember ab und müssen dann neu beantragt werden. Die Karten gelten als Arbeitserlaubnis, sind aber auch Grundlage für die Ausstellung einer Aufenthaltsgenehmigung.
Zdf-korrespondent