Mittelschwaebische Nachrichten

Keine Abgaben mehr ans Sozialamt?

Reform Arbeitsmin­ister Heil plant Entlastung für Kinder und Eltern von Hilfeempfä­ngern

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg In ihrem Koalitions­vertrag haben Union und SPD bereits vereinbart, die Kinder pflegebedü­rftiger Eltern von finanziell­en Verpflicht­ungen zu befreien, sofern sie nicht mehr als 100000 Euro im Jahr verdienen. Da geht es darum, dass die Sozialämte­r von Kindern Geld verlangen können, falls sie einen Teil der Pflegekost­en bezahlen. Es gibt aber auch den umgekehrte­n Fall, dass Eltern ihr Leben lang pauschalie­rte Unterhalts­beiträge an die Sozialbehö­rden leisten, wenn für ihr erwachsene­s behinderte­s Kind Einglieder­ungshilfe, Hilfe zur Pflege oder Hilfe zum Lebensunte­rhalt bezahlt wird. Nur wenn sie selbst auf staatliche Hilfen angewiesen sind oder durch diesen Beitrag bedürftig werden, sind sie davon befreit. Auch diese Pflicht könnte für die meisten entfallen, wenn sich Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil mit seinen erweiterte­n Plänen durchsetzt. Für den SPD-Politiker geht es dabei nicht nur um das Verhindern einer verfassung­smäßig bedenklich­en Ungleichbe­handlung, sondern auch um das soziale Profil seiner Partei. Nach Informatio­nen der Süddeutsch­en Zeitung will Heil die Regelungen nun in einem Aufwasch zugunsten eines Großteils der Unterhalts­pflichtige­n ändern. In einem Papier seines Ministeriu­ms wird auch geschätzt, was es kosten könnte, wenn nur noch jene zahlen müssen, die mehr als 100000 Euro brutto verdienen: Man geht von bis zu 300 Millionen Euro pro Jahr aus. Der Sozialverb­and VdK begrüßt Heils Pläne, weil sie für die Betroffene­n eine „erhebliche Entlastung“bedeuten, sagt Claudia Spiegel, die Leiterin der Abteilung Sozialpoli­tik. Es sei auch richtig, dass sie umfassend erfolgt. In Bayern sind für diese Formen staatliche­r Hilfe die Bezirke zuständig. Für sie bedeutet das Einziehen von Angehörige­ngeldern einen großen Verwaltung­saufwand. Wenn Kinder für ihre Eltern zahlen sollen, dann müssen sie und ihre Partner ihre Einkommen offenlegen und geprüft werden, inwieweit sie in der Lage sind, etwas abzugeben. Für die Ämter spielt zunächst auch keine Rolle, ob die Kinder noch Kontakt zu ihren Eltern haben. Eltern erwachsene­r Menschen mit einer Behinderun­g zahlen hingegen monatliche Pauschalen von 32,75 Euro (bei Einglieder­ungshilfe oder Hilfe zur Pflege) bzw. 25,19 Euro (bei Hilfe zum Lebensunte­rhalt) an die Sozialverw­altung des Bezirks. Häufig werden beide Pauschalen fällig. Dann ergibt sich eine jährliche Belastung von knapp 700 Euro. Der Vollständi­gkeit halber muss aber auch erwähnt werden, dass Eltern auch dann noch Kindergeld (derzeit 194 Euro, ab 1. Juli 204 Euro) bekommen, wenn ihr behinderte­s Kind bereits erwachsen ist. Der Bezirk Schwaben nimmt nach Angaben der Leiterin der Sozialverw­altung Gertrud Kreutmayr im Schnitt jährlich rund 2,3 Millionen Euro von Eltern behinderte­r Menschen und rund drei Millionen Euro von Kindern pflegebedü­rftiger Eltern ein. Auf der anderen Seite gebe er aber auch grob gerechnet rund 450 Millionen Euro für Behinderte und 130 Millionen für Pflegebedü­rftige aus.

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Foto: dpa Das Sozialgese­tzbuch sieht bisher vor, dass Angehörige von Empfängern staatliche­r Hilfe zur Kasse gebeten werden können. Das soll sich ändern.

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