Mittelschwaebische Nachrichten

Das Beste zum Schluss

Mit 3:0 gewinnt der FC Bayern das Pokalfinal­e gegen Leipzig. Manuel Neuer und Robert Lewandowsk­i überragen, doch die Fans feiern den Trainer mit Sprechgesä­ngen. Der hält prompt eine kurze Rede vor der Kurve

- VON FLORIAN EISELE

Am Ende wollten die Bayernfans nur noch einen sehen: Trainer Niko Kovac. Nicht die scheidende­n Klub-legenden Ribéry und Robben, die bei ihrer Einwechslu­ng mit frenetisch­em Applaus gefeiert worden waren, sondern der 47-Jährige sollte in die Kurve kommen. „Niko auf den Zaun“, schallte es nach dem 3:0 im Pokalfinal­e gegen RB Leipzig aus dem Fcb-block. Kovac, der dem Treiben seiner Spieler bis dato aus der Distanz zugesehen hatte, folgte der Aufforderu­ng.

Über ein Megafon rief er ihnen zu: „Ohne euch wäre das nicht möglich gewesen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie stolz ich auf euch bin.“Im Gegensatz zu den Klubverant­wortlichen hatten die Fans schon vor dem Anpfiff des Pokalendsp­iels ein deutliches Bekenntnis zu Kovac gegeben und den 47-Jährigen mit Sprechchör­en gefeiert. Zugleich sendeten die Anhänger einen unmissvers­tändlichen Auftrag an ihre Mannschaft. Auf einem Banner war zu lesen: „Eine Kurve, die zum Siegen verpflicht­et.“

Dass dies gelang, war einerseits dem Doppeltors­chützen Robert Lewandowsk­i zu verdanken, der mit zwei sehenswert­en Treffern (29., 85.) seine Klasse zeigte. Eine Augenweide war auch das andere Tor der Münchner, das Coman besorgt hatte (78.). Doch vor allem Torwart Manuel Neuer zeigte eine Weltklasse­leistung. Nach elf Minuten bewahrte er sein Team mit einem unglaublic­hen Reflex vor dem Rückstand. Yussuf Poulsen hatte einen Ball aus wenigen Metern auf den Kasten gebracht – und der Nationalke­eper hatte diesen an die Latte gelenkt. Bemerkensw­ert dabei: Es war Neuers erster Einsatz seit Mitte April – damals hatte er sich gegen Düsseldorf einen Muskelfase­riss zugezogen. Dass er spielen konnte, sei eine „Punktlandu­ng“gewesen, gab der Keeper nach dem Spiel zu. Kovac hatte ihn gestärkt und sich auf ihn festgelegt: „Er ist ein Eckpfeiler unserer Mannschaft.“

Einer, der dringend gebraucht wurde. Denn gerade in der ersten halben Stunde hatte Leipzig mehr vom Spiel. Das Konzept, die Bayern mit aggressive­m Pressing schon an deren eigener Strafraumg­renze zu stören, schien aufzugehen. Bayern kam offensiv in dieser Phase kaum zur Entfaltung, während RB immer wieder den Umschalttu­rbo zündete.

Mit einer gnadenlose­n Effektivit­ät – klassische­n Stärke der Bayern – zogen die Münchner den Leipzigern aber den Zahn. Lewandowsk­i verwertete nach einer Alaba-flanke überragend zur Führung. Leipzigs Schwung war weg und „die Köpfe waren unten“, wie Rb-trainer Ralf Rangnick nach Spielende befand. Die Halbzeitpa­use sei wichtig gewesen, um die Mannschaft wieder aufzuricht­en. In dieser habe er seinen Spielern gesagt: „Wir müssen genauso weitermach­en wie in der ersten halben Stunde.“

hatte Leipzig kurz nach Wiederanpf­iff die Großchance durch Forsberg – aber erneut zeigte Neuer seine ganze Klasse und parierte aus wenigen Metern per Fußabwehr. Als nach einer hektischen Phase Coman den zweiten Münchner Treffer besorgte, war das Spiel entschiede­n. Fazit von Rangnick: „Wir brauchen dieses Spiel nicht verlieren, schon gar nicht 0:3. Aber wenn du fünf Großchance­n nicht nutzt, wird es schwierig, das Spiel zu gewinnen.“

Für den FC Bayern geht diese Saison mit dem zwölften Double der Vereinsges­chichte zu Ende. Es war eine Spielzeit, in der „viele Emotionen dabei“waren, wie Thomas Müller sagte. „Wir haben zwar schon einiges gewonnen, aber dieses Mal war es schon etwas Spezielles.“Das sei nicht nur wegen der drei Abschiede von Ribéry, Robben und Rafinha so, sondern „auch wegen der schwierige­n Saison, die wir hatten. Das war nicht irgendein Sieg.“

Präsident Uli Hoeneß benotete die Saison bei der Feier vor 15000 Fans auf dem Marienplat­z am Sonntag mit einer „1 minus“. Da gibt es dann auch keine Fragen mehr nach dem Trainer. Kovac leitet die Mannschaft auch kommende Saison an. „Hundertpro­zentig ja“, so Hoeneß unmissvers­tändlich.

Ob der von den Fans auch bei der sonntäglic­hen Double-festivität gefeierte Kovac während des heißen Herbstes aber auch selbst an die beitatsäch­lich den Titel geglaubt hatte? Bei dieser Frage offenbarte der Coach echte Bayern-qualitäten. „Wenn Sie aufgeben, werden Sie es nie schaffen. Das ist die Stärke dieser Mannschaft, dieses Klubs und meine Charaktere­igenschaft, dass ich nie aufgebe – so schwer es auch war.“

RB Leipzig Gulacsi – Klosterman­n, Konaté (82. Haidara), Orban (70. Upamecano), Halstenber­g – Kampl, Adams (65. Laimer) – Sabitzer, Forsberg – Poulsen, Werner

Bayern München Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Javi Martinez (65. Tolisso), Thiago – Coman (87. Ribéry), Müller, Gnabry (73. Robben) – Lewandowsk­i Tore 0:1 Lewandowsk­i (29.), 0:2 Coman (78.), 0:3 Lewandowsk­i (85.) Zuschauer 74322 (ausverkauf­t) Schiedsric­hter Tobias Stieler (Hamburg)

 ?? Foto: Getty Images ?? Ein altbekannt­es Motiv neu aufgenomme­n: Die Bayern feiern Meistersch­aft und Pokal zusammen mit rund 15 000 Fans auf dem Marienplat­z. Dass es zu dieser Party kommen würde, war im vergangene­n Herbst nicht abzusehen gewesen.
Foto: Getty Images Ein altbekannt­es Motiv neu aufgenomme­n: Die Bayern feiern Meistersch­aft und Pokal zusammen mit rund 15 000 Fans auf dem Marienplat­z. Dass es zu dieser Party kommen würde, war im vergangene­n Herbst nicht abzusehen gewesen.

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