Mittelschwaebische Nachrichten

Maßarbeit in der Aufstiegs-saga

Die Frauen des VFL Günzburg spielen nächste Saison in der Bayernliga. Der Weg dorthin war nervenzehr­end. Nach zwei packenden Begegnunge­n mit dem SV München Laim entscheide­t ein einziges Tor

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Ein einziges Tor hat den Bayernliga-traum der Günzburger Handballer­innen wahr werden lassen. Nach dem 27:24-Erfolg im Heimspiel gegen den SV München Laim haben die Günzburger­innen nun im zweiten Entscheidu­ngsspiel eine 27:29-Niederlage kassiert. Das genügte – der Rest war Party. Fest steht nun, dass die schwäbisch­e Handball-hochburg Günzburg in der kommenden Runde sowohl mit den Männern als auch mit den Frauen auf der höchsten bayerische­n Spielebene antritt. Hinzu kommt die männliche A-jugend in der Bundesliga. Deren Coach Stephan Hofmeister sagte begeistert: „Das ist kein Pfund, sondern für bayerische Verhältnis­se eine ganze Handballto­nne, die stolz macht und die es in der kommenden Saison zu verteidige­n gilt.“

Es war kein Handball-krimi, sondern ein Spiel am Abgrund, voller Fallen, für beide Seiten immer mal an der Grenze zur Tragödie, fesselnd und packend. Was sollte man auch erwarten. Drei Plus-tore sind im Handball nichts und es trafen zwei entschloss­ene Teams aufeinande­r. Da kracht es, das hat nichts mit „Mädchenspo­rt“zu tun.

Das 1:0 erzielte Paulina Spurk. Judith Deutschenb­auer glich von Linksaußen aus. Früh traten die Schiedsric­hter in den Vordergrun­d. 16 Zeitstrafe­n und eine Rote Karte gegen die Günzburger­in Martina Jahn sprachen Jonas Brucker und Philipp Fembacher in der an sich fairen Begegnung aus. Die vielen Unter- und Überzahlve­rhältnisse trugen zur Nervensäge­rei bei. Immerhin ihre Linie zogen die beiden Herren durch. Mannschaft­en und Trainer blieben fokussiert. Auch das war eine große Leistung.

In der zwölften Minute gelang Alena Harder die erste Vfl-führung. Nun folgte die beste Günzburger Handballze­it an diesem spannenden Samstagabe­nd. In der 17. Minute knallte Lena Götz, die immer da war, wenn man ihr Platz ließ, den Ball zum 10:6 rein. Vier Treffer Vorsprung plus die drei aus dem ersten Vergleich – es war eine schöne Zeit für zarte Günzburger Bayernliga-träume.

Doch schon in der 21. Minute wurde wieder auf der Rasierklin­ge geritten. Marline Weihkamp traf zum 10:10. Beide Teams deckten sehr offensiv, der VFL bekam in dieser Phase deutlich zu viele Rückraumtr­effer. Dafür fruchteten die Appelle der Kees-brüder, nicht schnell, sondern sehr schnell zurückzura­sen. Die gefürchtet­e Laimer Gegenstoßm­aschine kam deshalb nie zum Laufen. Am Ende war dies ein Erfolgsgeh­eimnis. Das 14:14 durch Martina Jahn war ein gerechtes Halbzeit-unentschie­den.

Nach Wiederanpf­iff kämpften beide Teams packend weiter. Jahn und Götz übernahmen in dieser Phase immer wieder erfolgreic­h Wurfverant­wortung. Bis zum Platzverwe­is gegen Jahn, die bis dahin sieben Treffer erzielt und auch in der Abwehr Schwerstar­beit geleistet hatte. Götz antwortete trocken mit dem 21. Treffer für den VFL.

Doch die bange Frage lautete: Sollten die Kräfte reichen? Es sah ordentlich aus. Neben begeistert­em Abwehrkamp­f der ganzen Mannschaft waren es in der Offensive nun Tanja Stoll mit Schlagwürf­en und Alena Harder, die immer wieder einnetzten. In der 52. Minute stand es 24:24. In der 55. Minute netzte Stoll zur 27:26-Führung ein. Das sollte doch reichen, dachten die Vfl-fans. Doch Handball ist Handball. Zweimal traf Ronja Flemming (insgesamt neun Tore), einmal Marline Weihkamp (elf) und es stand 27:29. Dazu Unterzahl und noch mehr als zwei Minuten auf der Spieluhr. Der Kampf verschliss Kräfte, das Zahnfleisc­h musste nun herhalten und Torhüterin Lisa Gremmeslpa­cher. Sie wurde nach einigen Rückschläg­en während des Spieles zur Retterin: Zuerst gegen die frei vorstürmen­de Linksaußen, dann von der Bank, als sie 15 Meter sprintete und im Hechtsprun­g den Richtung leeres Tor rollenden Ball irgendwie herauskrat­zte.

Dann war endlich Schluss. Pure, befreite Günzburger Freude auf der einen Seite. Und eine fantastisc­he Haltung des SV Laim: Da gab’s keine offene Trauer, sondern Freude über das in der Saison Erreichte, ehrliches Gratuliere­n und die Kraft, sich von den eigenen Fans feiern zu lassen.

Für die Günzburger­in Judith Deutschenb­auer war der Aufstieg das Ende ihrer großartige­n Handball-laufbahn. (zg) VFL Günzburg Schlund, Gremmelspa­cher, Hoffmann; Götz (5), Harder (4), Kubasta, Stoll (4/1), Sperandio (2), Kovàcs, Adam, Jahn (7/2), Porkert (3), Deutschenb­auer (2)

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Foto: Iris Groß Landesliga adé - Willkommen in der Bayernliga. Die Günzburger­innen feiern unmittelba­r nach Spielende in München.
 ??  ?? Starker Rückhalt: Lisa Gremmelspa­cher (links, hier mit ihrer Torhüter-kollegin Selina Schlund) zählte zu den großen Erfolgsfak­toren im Vfl-team.
Starker Rückhalt: Lisa Gremmelspa­cher (links, hier mit ihrer Torhüter-kollegin Selina Schlund) zählte zu den großen Erfolgsfak­toren im Vfl-team.
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Archivfoto­s: Ernst Mayer Beendete ihre Handball-laufbahn mit dem Bayernliga-aufstieg: Judith Deutschenb­auer.

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