Mittelschwaebische Nachrichten
Die SPD wird bedeutungslos
Einen Gewinner gibt es zweifellos nach der Europawahl: Das Wahlrecht. Denn gestern haben mit 54,2 Prozent der Wahlberechtigten deutlich mehr Menschen im Landkreis ihre Stimme abgegeben als noch vor fünf Jahren (35,2 Prozent). Das ist gut. Denn nicht mitzustimmen (selbst wenn das einzelne Votum wenig auszurichten vermag), um danach in das ewige Lamento über die Brüsseler Büround Technokraten einzustimmen, ist ziemlich billig.
Das gestiegene Interesse hat nicht in die Hände der Euroskeptiker gespielt. Auch deshalb ist die AFD nicht so vorangekommen, wie sie es selbst erhofft hatte. Die Rechtspopulisten sind enttäuscht, weil sie es nicht vermocht haben kräftig zuzulegen, obwohl inzwischen in allen Landesparlamenten in Deutschland vertreten. Schuld sind natürlich die Anderen, die – wie auch im Landkreis mit einem gemeinsamen Wahlaufruf – „alle gegen einen“gespielt hätten. Das sind reflexartig vorgetragene Märtyrerparolen, die Selbstkritik ersparen. Ebenfalls ziemlich billig.
Das aber lenkt vom eigentlichen Verlierer des Abends ab, der sich vielleicht Mitleidsbekundungen der Konkurrenz abholen darf. Nur: Das macht die Schmach nicht kleiner. Die SPD hat nach der Bundestagswahl, Landtagswahl und Bezirkswahl nun auch bei der Europawahl im Landkreis Günzburg einen K.o.-schlag hinnehmen müssen, von dem man sich in absehbarer Zeit nicht erholen dürfte. Wer von 14,6 auf 7,1 Prozent abstürzt und gerade noch vermeidet, nur fünftstärkste Kraft zu werden, muss sich ebenso schnell wie intensiv Gedanken über seine Ausrichtung machen. Der Status als Volkspartei ist eh schon futsch. Jetzt droht der Fall in die Bedeutungslosigkeit. Da nutzt eine Regierungsverantwortung in Berlin ebenso wenig wie vereinzelte kommunale Kraftfelder im Landkreis Günzburg.
Das Gegenteil der verstaubten und wenig attraktiven „alten Tante SPD“sind die Grünen, denen es gelingt, sich hipp zu präsentierten und nicht nur Zeitgeist zu versprühen, sondern mit Natur- und Klimaschutzthemen auch Authentizität vermitteln. Ihr Höhenflug hält auch auf Eu-ebene an.
Dass der Landkreis „schwarz“bleibt, ist keine Überraschung. In jeder der 34 Städte und Gemeinden hat es für eine satte Csu-mehrheit gelangt, sieben Mal ist es sogar die absolute Mehrheit. Ein Ruhekissen ist das dennoch nicht. Denn die Christsozialen stellen mit ihrem Spitzenkandidaten Manfred Weber sogar einen, der sich anschickt, Eu-kommissionspräsident zu werden. Das ist zweifelsohne ein Bonus. Für Zugewinne reichte das nicht. Ein leichter Verlust wird nach satten Einbußen in der Vergangenheit aber bereits als Sieg betrachtet. Die Zeiten ändern sich.