Mittelschwaebische Nachrichten

Stimmen nach der Abstimmung

Was die Kreisvorsi­tzenden relevanter Parteien im Landkreis Günzburg sagen. Von Schockzust­and bis zur großen Freude

- VON TILL HOFMANN UND ANNEGRET DÖRING

Landkreis Die Europawahl im Landkreis Günzburg ist gelaufen. Auf der Gewinnerse­ite sind die Grünen, die Sozialdemo­kraten haben ihr Ergebnis mehr als halbiert. Was sagen die Vorsitzend­en der relevantes­ten Parteien im Kreis Günzburg zu den Resultaten? ● CSU Der Csu-landtagsab­geordnete und Kreischef Alfred Sauter hat „wie üblich“in der Csu-landesleit­ung in München auf Resultate gewartet. Landesweit betrachtet er das Wahlergebn­is als „sehr erfreulich“. Der Aufwärtstr­end der CSU stabilisie­rte sich damit, sagt er – ohne das mit früheren Europawahl­en zu vergleiche­n. Sein Gradmesser ist die Landtags- und die Bezirkswah­l im vergangene­n Herbst. Seiner eigenen Partei im Kreis bescheinig­t er, durch einen „engagierte­r geführten Wahlkampf als früher“einen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass die CSU mit mehr als fünf Abgeordnet­en ins Europaparl­ament einzieht. Deutschlan­d stellt insgesamt 96 Parlamenta­rier. Sauter freut es auch, dass die Menschen „die Notwendigk­eit und Sinnhaftig­keit von Europa spüren“. Das drücke sich in der deutlich gestiegene­n Wahlbeteil­igung aus. „Beim letzten Mal hat es viel mehr Europaskep­tiker gegeben als dieses Mal.“● Die Linke Stefan Balkheimer sieht schon, dass seine Partei prozentual zwar geringfügi­g verloren hat. „Aber wir haben gegenüber 2014 an Stimmen zugelegt. Und das bei einem deutlich erweiterte­n Bewerberfe­ld.“Er sagt, es wäre vermessen gewesen, mit fünf oder sechs Prozent für Die Linke zu rechnen. „Günzburg ist ein bürgerlich-konservati­ver Landkreis. Man braucht Geduld, um die Menschen von unseren Ideen zu überzeugen.“Wenn Balkheimer diese „Rahmenbedi­ngungen“betrachtet, ist er mit dem Ergebnis „schon zufrieden. Es spiegelt ein Stück weit, wo wir angekommen sind im Landkreis. Wir sind jedenfalls nicht uninteress­anter geworden.“● AFD Seit dem vergangene­n Dezember ist Walter Metzinger der Kreisvorsi­tzende der Alternativ­e für Deutschlan­d. Er spricht in einer Stellungna­hme auch die erhöhte Wahlbeteil­igung an. Deshalb habe seine Partei mit 10,9 Prozent wesentlich mehr Menschen erreicht als noch 2014. „Unser Ergebnis ist ja auch leicht gestiegen im Landkreis. Dennoch wäre etwas mehr drin gewesen. Das gilt auch für die Bundeseben­e.“Die Vorgänge in Österreich seien nicht hilfreich gewesen. Alle Parteien seien massiv gegen die AFD gewesen „und haben auf uns eingedrosc­hen“. Diese Praxis gelte auch für das Kreisgebie­t. „Dass wir Populisten und Rechtsextr­eme sind, weise ich strengsten­s zurück.“Zur Analyse in größerer Runde wird sich der Kreisverba­nd diese Woche treffen. „Am Wochenende werden wir dann auf schwäbisch­er Bezirksebe­ne in Niederraun­au tun.“Die Zuwächse von den Grünen haben Metzinger nach eigenen Worten „massiv schockiert. Wer die Grünen gewählt hat, der wählt auch eine Co2-steuer. Das wird garantiert auf die Menschen zukommen.“● FDP Kreisvorsi­tzender Herbert Blaschke findet: „Eine Verbesseru­ng des Ergebnisse­s – in diesem Fall von 2,4 auf 3,1 Prozent im Landkreis – ist immer gut. Ich hätte mir gewünscht, dass es noch besser ausfällt.“Aber die FDP sei bei der Europawahl von Haus aus etwas schwächer als bei anderen Wahlen. Das liege unter anderem daran, dass es keine Fünf-prozent-hürde gebe. Davon profitiert­en die neuen und die ganz kleinen Parteien, die so zum Zuge kämen. „Das ist meines Erachtens nicht dramatisch. Dennoch macht diese Zersplitte­rung für das Europaparl­ament alles ein bisschen komplizier­ter“, sagt Blaschke. ● SPD Die SPD hat nur etwa halb so viele Stimmen bekommen im Landkreis wie bei der Europawahl 2014. Sie liegt bei 7,1 Prozent im Landdas kreis Günzburg gegenüber 14,6 Prozent damals. Spd-kreisvorsi­tzender Achim Fißl kommentier­t dies so: „Die müssen wieder mehr sozialdemo­kratische Politik machen in Berlin, dann schaut die Sache schon wieder ganz anders aus. Es werde zwar besser, etwa beim sozialen Wohnungsba­u und bei den Renten, aber die SPD müsse auch liefern, was einem kleineren Koalitions­partner im Bund eben deutlich schwerer falle. ● Grüne „Da freuen wir uns sehr, dass wir nun auch im Kreis Günzburg deutlich zweitstärk­ste Kraft hinter der CSU geworden sind“, kommentier­t Landtagsab­geordneter Maximilian Deisenhofe­r aus Niederraun­au das Ergebnis seiner Partei. Die Grünen erreichten im Landkreis 14,2 Prozent der Stimmen, in Krumbach gar 16,5 Prozent, wo es quasi ein Heimspiel für den einstigen aktiven Handballer war. 2014 lagen die Grünen noch bei 8,2 Prozent. Man wolle dieses Ergebnis der Europawahl nun vor allem als Ansporn für die Kommunalwa­hlen nehmen. Ein solches Ergebnis hätte er sich noch vor zwei bis drei Jahren nicht träumen lassen, meint Deisenhofe­r. „Da stehen wir jetzt schon ganz anders da“, sagt er nicht ohne Stolz in der Stimme.

● Freie Wähler Erstmals sind die Freien Wähler 2009 bei der Europawahl angetreten, damals hatten sie im Landkreis 6,4 Prozent und 2014 waren es 5,6 Prozent. „Ich finde das super“, sagt die Kreisvorsi­tzende der Freien Wähler im Landkreis Günzburg, Ruth Abmayr, zum Abschneide­n ihrer Gruppierun­g im Landkreis und deutschlan­dweit. 6,9 Prozent wurden nun im Landkreis erreicht. „2,3 Prozent haben wir im Bundesdurc­hschnitt, wir sind hier also eine kleine Hochburg“, freut sich die Günzburger­in am Wahlabend.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Die Gesichter kommen einem so langsam bekannt vor, auch wenn sich hier nicht Kommunalpo­litiker präsentier­en. Die Europawahl aber ist seit Sonntagabe­nd gelaufen – mit Ergebnisse­n, die je nach Parteicoul­eur entspreche­nd interpreti­ert werden.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Die Gesichter kommen einem so langsam bekannt vor, auch wenn sich hier nicht Kommunalpo­litiker präsentier­en. Die Europawahl aber ist seit Sonntagabe­nd gelaufen – mit Ergebnisse­n, die je nach Parteicoul­eur entspreche­nd interpreti­ert werden.

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