Mittelschwaebische Nachrichten
Erreichen die Minuszinsen auch Privatanleger?
Banken Wie sich regionale Kreditinstitute im Spannungsfeld der EZB-Geldpolitik bewegen. Und was das für die Kunden der Häuser bedeutet. Eine Nachfrage bei der Sparkasse und der VR-Bank Donau-Mindel
Günzburg Der 12. September ist ein wichtiges Datum – zumindest für diejenigen, die im Bankwesen Verantwortung tragen. Denn an jenem Donnerstag wird sich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer „Zinssitzung“treffen. Und nicht wenige Experten erwarten, dass der negative Einlagezins, zu dem Banken und Sparkassen überschüssiges Geld kurzfristig bei der Zentralbank „parken“, noch weiter abgesenkt wird. Momentan liegt er bei minus 0,4 Prozent. Beobachter rechnen mit minus 0,5 oder gar 0,6 Prozent. Das trifft die Geschäftsbanken hart. Denn bei einem anhaltenden oder noch stärker werdendem Margendruck geraten die Kreditinstitute mit ihren Kundengeschäften in ein schwieriges Fahrwasser – wenn sie es nicht schon längst sind. Das ist bei Banken in der Region wie der VR Bank Donau-Mindel und der Sparkasse GünzburgKrumbach nicht anders. Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Daniel Gastl sieht für sein Haus Auswirkungen durch die Negativzinspolitik, die sich aus einer Vielzahl von Einflussfaktoren zusammensetzen. „Es reduzieren sich die Erträge aus den Eigenanlagen, dem Kreditgeschäft und wir müssen Negativzinsen bezahlen.“In Summe habe dies dazu geführt, dass sich der Zinsertrag der Sparkasse GünzburgKrumbach von 42,3 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 31,8 Millionen Euro im Jahr 2018 reduziert habe. Das entspricht einem Rückgang von 10,5 Millionen Euro.
Was bedeutet es aber nun – wenn der Einlagezins noch weiter sinkt? Müssen dann Privatkunden damit rechnen, dass ihnen der Minuszins eins zu eins weitergereicht wird?
30 Geldhäuser in Deutschland berechnen den Privatkunden bereits Negativzinsen, hat das Portal biallo.de recherchiert, darunter die VRBank Landsberg-Ammersee (ab einer Einlage von 300000 Euro), „Verwahrentgelt“nennt sich das Weiterschieben des Schwarzen Peters beschönigend. Die größte Sparkasse Bayerns, die Stadtsparkasse München, hat in Person ihres Bankchefs vor wenigen Tagen schon mal die Befürchtung geäußert, dass es auch für Privatanleger Negativzinsen geben könnte.
„Unser Wunsch ist, dass dies nicht geschieht“, sagt Daniel Gastl. „Ich kann es aber nicht ausschließen“, setzt er hinzu. Denn er weiß auch, wie schnell und wie sehr sich inzwischen das Marktumfeld verändern kann. Oberster Leitsatz, für den er wie sein Vorstandskollege Uwe Leikert stünden, sei der, mit der Situation im Sinne aller Kunden „höchstverantwortlich“umzugehen. Die Zinspolitik der EZB gehört für den Sparkassenchef zu den „exogenen Faktoren“, die mit der „großen Gefahr“verbunden seien, „das Vertrauen der Menschen zu verspielen“.
Der Nachteil ist ja auch ohne Negativzins für die Bankkunden zu greifen, sagt Stefan Fross, Vorstand der VR-Bank Donau-Mindel. „Geldanlagen werden nicht mehr verzinst.“Und insgesamt ist die Altersvorsorge, wie man sie sich einstmals vorgestellt hat, gefährdet. „Das mit den Versicherungen geht gar nicht mehr auf. Ich finde dies schlichtweg ein Drama, das jetzt schon auf Privatkunden verlagert worden ist.“
Sowohl die Sparkasse GünzburgKrumbach als auch die regional operierende VR-Bank geben den Negativzins im Geschäftskundenbereich weiter. Die Sparkasse regelt das mit Einzelvereinbarungen. Die VRBank belastet Einlagen über 500 000 Euro. Das Geld von Kommunen wird von der Weiterreichung des Strafzinses nicht ausgenommen.
Wenn die EZB-Geldpolitik so weiterbetrieben wird, „werden das die Banken nicht durchhalten“, sagt Fross voraus. Und er sagt: „Wir müssen irgendwann über die Negativzinsen und welche Schlüsse wir daraus ziehen, diskutieren.“
Sparkonten könnten rechtlich ohnehin nicht damit belastet werden. Sehr wohl aber Girokonten oder Tagesgeld.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Bundesfinanzminister Olaf Scholz haben sich unlängst zu Verbündeten der kleinen Sparer gemacht und ein Negativzinsverbot für Beträge bis 100000 Euro gefordert (Söder). Scholz will das prüfen lassen. „Das ist ein Stück weit populistisch, denn die Banken sind weit davon entfernt, Guthaben unter 100000 Euro mit Strafzinsen zu belasten“, sagt Fross. „Ich finde es aber gut, dass durch die Politiker die Minuszinsen in eine breitere Öffentlichkeit hineingetragen worden sind.“
Der VR-Bankmanager will künftig stärker in die Öffentlichkeit gehen und deutlich machen, „dass wir nicht die bösen Buben sind. Wir decken nur unsere Kosten. Es geht nicht etwa um eine Gewinnmarge.“
Insgesamt, räumt Fross ein, „ist das ein Thema, was uns belastet“–
„Unser Wunsch ist, dass dies nicht geschieht. Ich kann es aber nicht ausschließen.“Daniel Gastl zu Strafzinsen für Privatkunden
„Wir müssen irgendwann über die Negativzinsen (...) diskutieren.“
Stefan Fross zu Strafzinsen für Privatkunden
und das neben einem veränderten Kundenverhalten, das auch mit der Megaentwicklung Digitalisierung zu tun hat, neben erhöhten Eigenkapitalanforderungen durch die Finanzaufsicht. Der Druck sei spürbar gewachsen. Insgesamt ist „das ist ein Cocktail, der schon ein wenig bitter schmeckt“.
Sparen hält Sparkassenchef Gastl für „wichtiger denn je“. Aber die Sparkultur habe sich aufgrund äußerer Umstände gewandelt. Zinstragende Papiere seien nicht mehr Teil dieser Kultur, sondern Anlageformen wie Wertpapiere.