Mittelschwaebische Nachrichten
Auto-Krise schürt Angst vor einer Rezession
Konjunktur Experten sagen: Es bleibt nicht bei einer Wachstumsdelle. Hoffnung für 2020
Augsburg Die Autoindustrie war lange ein wesentlicher Garant für Wachstum in Deutschland. Doch es kriselt in dem Wirtschaftszweig. So wurden nach einer Studie von Roland Berger zuletzt weltweit fünf Prozent weniger Autos produziert. Der Handelskrieg zwischen den USA und China zeigt Wirkung: Die Autoverkäufe in China gingen in diesem Jahr zweistellig zurück, was deutsche Hersteller massiv trifft.
Von dieser Redaktion befragte Konjunktur-Experten glauben, dass die Schwäche der Autoindustrie auf den mit der Branche verbundenen Maschinenbau ausstrahlt und insgesamt wohl zu einer, wenn auch kurzen Rezession in Deutschland führt. Von solch einem Abschwung sprechen Ökonomen, falls die Wirtschaft mindestens zwei Quartale hintereinander gegenüber dem jeweiligen Vorjahreszeitraum schrumpft. Bisher ist diese Definition noch nicht erfüllt. Doch im Herbst könnte die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abgleiten.
Der frühere Wirtschaftsweise und Würzburger Ökonom, Professor Peter Bofinger, ist alarmiert: „Die Autoindustrie, unsere einst größte Stärke, könnte zu unserer größten Schwäche werden. Was jahrelang gut lief, verkehrt sich gegen uns.“Da deutsche Firmen stärker auf den Weltmärkten als Unternehmen anderer Länder vertreten seien, falle der Abschwung hierzulande stärker aus, sagte der Wissenschaftler im Gespräch mit dieser Redaktion. Bofinger befürchtet, dass die Auto-Krise länger anhalten könnte, denn sie sei nicht nur konjunkturell bedingt. Der Professor spricht auch von einer „strukturellen Krise“.
Das ist einfach zu erklären: VW, Audi, Mercedes und BMW krempeln derzeit grundlegend ihre Strukturen um. Neben Verbrennern werden neue Elektro- und Hybridautos gebaut. Die Fahrzeuge sollen immer selbstständiger fahren und rollenden Smartphones gleichen. Bofinger: „Der Strukturwandel in der Autoindustrie ist gravierend.“Eine technische, also milde Rezession sei daher möglich. Der Professor sprach von einer „Wachstumspause“. Die Unsicherheit sei schließlich enorm, schließlich könne die AutoKrise länger anhalten. Bofinger wählt einen medizinischen Vergleich: „Es droht uns keine klassische Rezession, wo man sich wie bei einer schweren Erkältung eine Woche ins Bett legt, ein Antibiotikum nimmt und wieder gesund ist.“Man dürfe jetzt nicht einfach nur sagen, das werde schon wieder.
Dafür sprechen Berechnungen von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer: Demnach verzeichnet
Industrie-Firmen mit weniger Aufträgen
die deutsche Industrie die drittstärksten Auftragsrückgänge seit der Wiedervereinigung. „Es wäre also beschönigend, nur von einer Konjunkturdelle zu sprechen“, sagte er im Gespräch. Das gelte umso mehr, als sich erste negative Spuren am lange erfolgsverwöhnten Arbeitsmarkt zeigten. Jetzt steht fest: Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im August auf 2,319 Millionen gestiegen. Das waren 44000 mehr als im Juli, aber 31000 weniger als vor einem Jahr. Was Krämer auch beobachtet: „Die bisher ungewöhnlich robuste Binnennachfrage wird langsam in Mitleidenschaft durch die Exportindustrie gezogen.“Trotzdem warnte Professor Achim Wambach, Präsident des Mannheimer ZEW-Instituts, vor Konjunktur-Pessimismus: „Es gibt die Hoffnung, dass es nächstes Jahr wieder aufwärtsgeht“, sagte er auf Anfrage. Experten gehen für 2020 nur von einem leichten Wachstum aus.
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