Mittelschwaebische Nachrichten
Nach Angriff: So gefährlich sind Pfeil-Waffen
Gesetz Sogenannte Pfeilabschussgeräte können tödlich sein. Dennoch sind sie nicht verboten. Wie kann das sein?
Nordendorf Sie sind präzise, einfach zu bedienen und potenziell tödlich. Trotzdem gelten sogenannte Pfeilabschussgeräte laut Gesetz nicht als Waffen. Jeder darf sie kaufen, mit sich führen – und damit schießen. Ganz ohne Waffenschein und Regeln. Wie gefährlich diese Geräte sind, zeigt der Fall des Pfeil-Schützen in Nordendorf (Landkreis Augsburg). Ein 34-jähriger Anwohner soll dort am Dienstag mit Pfeilen auf zwei Männer geschossen haben. Er traf die beiden Opfer an Kopf beziehungsweise Oberkörper. Schwer verletzt kamen die beiden Männer ins Krankenhaus. Nach Operationen sind sie mittlerweile nicht mehr in Lebensgefahr. Laut Polizei soll der mutmaßliche Täter mit einem „auf Druckluft basierenden Abschussgerät für Pfeile“geschossen haben. Im Internet findet man Pfeilabschussgeräte, die einen Druck von bis zu 100 Joule aufbauen. Zum Vergleich: Luftgewehre sind nur bis zu 7,5 Joule erlaubnisfrei zu kaufen. Wie kann das sein?
Die freiverkäuflichen Pfeil-Geräte gelten nicht als Waffen, teilt das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) auf Nachfrage mit. Denn Voraussetzung dafür, dass es sich bei einem Gegenstand um „eine Schusswaffe im Sinne des Waffengesetzes“handelt, sei, dass Geschosse „durch einen Lauf getrieben werden“. Die Pfeile werden allerdings nur aufgesteckt und mit Druckluft beschleunigt. Deswegen gelten für sie „keinerlei Beschränkungen bezüglich Erwerb, Besitz, Schießen und Führen“, heißt es vonseiten des LKA. Das bedeutet, auch Kinder können sich diese Waffen ganz legal kaufen und benutzen. Zahlen darüber, wie oft mit Pfeil-Waffen Straftaten verübt werden, liegen laut LKA nicht vor. Laut einem Gutachten des Bundeskriminalamts gelten die Geräte auch nicht als Anscheinswaffen. Das sind Gegenstände, die echten Waffen täuschend ähnlich sehen. Damit dürfen die Pfeil-Geräte – anders als Softairwaffen – auch in der Öffentlichkeit offen getragen werden. Videos im Internet zeigen die Wucht der „Air Guns“. Sie werden als „gefährlichste Spielzeugwaffe Deutschlands“beschrieben. Die Wucht der Pfeile ist so groß, dass sie ohne Probleme durch Ziele schießen, die menschliches Gewebe darstellen sollen. Die um die 1000 Euro teuren „Spielzeuge“sind also potenziell tödlich.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert deshalb, die Gesetze zu ändern. „Das sind tödliche Waffen, die Schusswaffen gleichzustellen sind“, sagt Robert Krieger, Landesvorsitzender des BDK. Sie „Geräte“zu nennen, sei verharmlosend. Missbrauch sei durch fehlende Gesetze Tür und Tor geöffnet. Der Fall in Nordendorf zeige, dass dringender Handlungsbedarf besteht, meint Robert Krieger.