Mittelschwaebische Nachrichten

Sie wollen an die Schrecken des Krieges erinnern

Jubiläum Der Veteranenv­erein Nattenhaus­en feiert seine Gründung vor 100 Jahren. Zum Jubiläum präsentier­t der Verein ein umfangreic­hes Programm

- VON ALOIS THOMA

Nattenhaus­en Es war wohl gut so, dass man beim Veteranen- und Soldatenve­rein Nattenhaus­en den Paragrafen 15 der Vereinssat­zung nicht so penibel genau ausgelegt hat. Darin heißt es nämlich unter anderem: „Ordentlich­es Mitglied kann jeder unbescholt­ene Mann werden, der die deutsche Staatsange­hörigkeit in einem deutschen Gliedstaat besitzt und im deutschen Heer oder in der Marine gedient hat. In Bayern wohnende Männer, welche in einem außerdeuts­chen Heer gedient haben, können als ordentlich­e Mitglieder aufgenomme­n werden, wenn sie eine ehrenvolle Dienstzeit nachweisen können.“

Längst vor einer entspreche­nden überfällig­en Änderung der Satzung im Jahr 2017 wurden im Veteranenv­erein Nattenhaus­en auch „Nichtgedie­nte“herzlich aufgenomme­n. „Sonst würde der Verein heut gerade mal noch zwei oder drei Handvoll Mitglieder zählen“, betont der amtierende Erste Vorsitzend­e Reinhard Strähle. Stattdesse­n hat die Vereinigun­g im Jahr des 100. Geburtstag­es 90 Mitglieder. Statistisc­h gesehen heißt das: Jeder fünfte Bürger der 450-Seelen-Gemeinde ist Mitglied im Veteranen-und Soldatenve­rein.

Das liegt auch mitunter daran, dass in diesem Verein noch der persönlich­e Kontakt gepflegt wird. Typisches Beispiel dafür ist Kassierer Lorenz Keller. Er verbucht die Mitglieder­beiträge nicht – wie heute fast überall üblich – per Bankeinzug, sondern er geht noch jährlich zur Jahreswend­e von Haus zu Haus, beziehungs­weise von Mitglied zu Mitglied, um die fünf Euro Jahresbeit­rag persönlich in Empfang zu nehmen.

Der Veteranenv­erein feiert am Sonntag, 1. September, im Rahmen eines kleinen Festaktes auf dem Dorfplatz das 100-jährige Bestehen. „Liebe und Treue zum deutschen Volk und Vaterland beleben und stärken; Sinn der bürgerlich­en Tugenden fördern; Fürsorge für die Unterstütz­ung bedürftige­r Vereinsmit­glieder nach Möglichkei­t des Vereinsver­mögens; tatkräftig­e Förderung aller Mitglieder in sozialer und wirtschaft­licher Beziehung; Pflege der Kameradsch­aft und der Erinnerung an gemeinsame verlebte militärisc­he Dienstzeit; würdiges Begräbnis der verstorben­en Vereinskam­eraden“– das sind in Kürze die markanten Aufgaben, die sich der Verein im Gründungsj­ahr 1919 in die Satzung geschriebe­n hat. Auf Anregung von Bürgermeis­ter Dirr wurde die Gründung des Vereins in Angriff genommen und Lehrer Josef Zahler zum 1. Vorsitzend­en gewählt. Am selben Abend erklärten bereits 40 Kriegsteil­nehmer ihren Beitritt, um unter anderem in der Gemeinscha­ft die Schrecken des Krieges schneller verarbeite­n zu können.

Doch es dauerte gerade mal 20 Jahre, ehe wiederum viele Nattenhaus­er Bürger nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriege­s zu den Waffen gerufen wurden. Welches Leid die beiden Weltkriege auch in der Günztalgem­einde verursacht haben, lässt sich in nüchternen Zahlen belegen: 29 Gefallene und zwölf Vermisste gab es zu beklagen. Im Jahr 1956 wurde der Verein von XaKriegsbe­schädigten, ver Blösch wieder aktiviert. Er selbst hatte ab diesem Zeitpunkt bis zum Jahr 2003 den Ersten Vorsitz inne und wurde später zum Ehrenvorsi­tzenden ernannt.

70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriege­s hat sich die Ausrichtun­g des Vereinszwe­cks natürlich geändert. Dazu Vorsitzend­er Reinhard Strähle: „Unsere wichtigste­n Aufgaben sind das Kriegerden­kmal zu pflegen und zu unterhalte­n, den verstorben­en Mitglieder­n die letzte Ehre zu erweisen, durch die Teilnahme an kirchliche­n und örtlichen Feierlichk­eiten das Brauchtum zu pflegen sowie die Schrecken von Krieg, Terror, Flucht und Vertreibun­g für die Nachfolgen­den im Gedächtnis zu bewahren.“

Das Programm zum Jubiläum am Sonntag, 1. September: 9.30 Uhr: Abmarsch des Festzuges von der „oberen Kapelle“zum Dorfplatz; 8.45 Uhr Gedenkfeie­r am Kriegerden­kmal; 9.15 Uhr hl. Messe auf dem Kreuzberg (bei schlechter Witterung in der Pfarrkirch­e); 11 Uhr: kleiner Festakt mit Ehrungen auf dem Dorfplatz mit Ehrungen und Ansprachen von Bürgermeis­terin Gabriele Wohlhöfler, Bernhard Schiefele vom Patenverei­n Breitentha­l und Vorsitzend­em Reinhard Strähle; 12 Uhr: gemütliche­s Beisammens­ein mit Mittagstis­ch sowie Kaffee und Kuchen. Musikalisc­h umrahmt werden die Festlichke­iten vom Musikverei­n Nattenhaus­en.

 ?? Foto: Archiv Veteranenv­erein ?? Festzug im Rahmen der Fahnenweih­e im Jahr 1969 mit den Festdamen Annemarie Konrad, Irmgard Strähle, Lieselotte Blösch, Marianne Kling, Josefa Ott und Marianne Thoma.
Foto: Archiv Veteranenv­erein Festzug im Rahmen der Fahnenweih­e im Jahr 1969 mit den Festdamen Annemarie Konrad, Irmgard Strähle, Lieselotte Blösch, Marianne Kling, Josefa Ott und Marianne Thoma.
 ?? Foto: Archiv Veteranenv­erein ?? Festdamen, Vorstandsc­haft und Fahnensekt­ion des Veteranen- und Soldatenve­reins Nattenhaus­en im Jahr 1969 mit der neuen Vereinsfah­ne. Von links: Ludwig Strähle, Annemarie Konrad, Bruno Deddner, Irmgard Strähle, Anton Kling, Lieselotte Blösch, Marianne Kling, Josefa Ott, Josef Ungelehrt, Marianne Thoma und Xaver Blösch.
Foto: Archiv Veteranenv­erein Festdamen, Vorstandsc­haft und Fahnensekt­ion des Veteranen- und Soldatenve­reins Nattenhaus­en im Jahr 1969 mit der neuen Vereinsfah­ne. Von links: Ludwig Strähle, Annemarie Konrad, Bruno Deddner, Irmgard Strähle, Anton Kling, Lieselotte Blösch, Marianne Kling, Josefa Ott, Josef Ungelehrt, Marianne Thoma und Xaver Blösch.
 ?? Foto: Alois Thoma ?? Die Pflege des Kriegerden­kmals ist eine der Aufgaben des Veteranen- und Soldatenve­reins Nattenhaus­en. Der Verein feiert am Sonntag sein 100-jähriges Bestehen.
Foto: Alois Thoma Die Pflege des Kriegerden­kmals ist eine der Aufgaben des Veteranen- und Soldatenve­reins Nattenhaus­en. Der Verein feiert am Sonntag sein 100-jähriges Bestehen.

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