Mittelschwaebische Nachrichten
Gehen Bankkaufleute hier weiter zur Schule?
Ausbildung Das Kultusministerium überprüft derzeit, ob in Bayern für diesen Berufszweig die 55 Standorte zu viel sind. Denn die Auszubildendenzahlen sind innerhalb von vier Jahren massiv zurückgegangen. Die Blicke richten sich auch nach Günzburg
Günzburg Banken im Landkreis Günzburg sind aufgeschreckt. Grund für die Beunruhigung ist das Bayerische Kultusministerium, das über die Bezirksregierungen gerade prüfen lässt, wie viele junge Menschen in den Berufsschulen unterrichtet werden, die Bankkaufleute werden wollen.
Offenbar gibt es Überlegungen, auf die zurückgehende Zahl der Auszubildenden im Bankensektor zu reagieren. Der Leiter des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Günzburg, Martin Neumann, bestätigte auf Nachfrage unserer Zeitung, dass es bereits einen runden Tisch mit Vertretern der schwäbischen Bezirksregierung und den Schulleitern der Standorte gegeben hat, die angehende Bankkauffrauen und Bankkaufmänner allgemeinbildende Fächer (unter anderem Sozialkunde, Englisch und Wirtschaftslehre), aber auch fachliche Inhalte wie Kontoführung, Geld- und Vermögensanlagen und das Kreditgeschäft nahe bringen.
Nach einer Delle im abgelaufenen Schuljahr (da konnte mit knapp 30 Schülern nur eine Eingangsklasse gebildet werden) ist die Berufsschule in Günzburg heuer wieder zweizügig. Ab 33 Schülern werden in aller Regel zwei Klassen angeboten. Die Entwicklung der Schülerzahlen zeigt laut Berufsschulleiter Neumann, „dass wir in Günzburg bereits in der Konsolidierungsphase sind“. Das gute Miteinander zwischen den Lehrkräften der Berufsschule und den Ausbildungsleitern der Banken und der Sparkasse Günzburg-Krumbach hob Neumann ebenso hervor wie eine ausreichende Zahl an Gasteltern, die zur Verfügung stehen, wenn Berufsschüler aus den äußersten Zipfeln der Landkreise Günzburg und NeuUlm kommen und nicht jeden Tag einer einwöchigen Blockunterrichtsphase nach Hause fahren. Auszubildende im Bereich der Bankkauffrauen und -männer kommen aus diesen Landkreisen, was Neumann als „ziemlich großes Einzugsgebiet“bezeichnet. Im benachbarten Landkreis Neu-Ulm lehrt die Berufsschule nicht in diesem Bereich. Noch vor wenigen Jahren war eine Fusion der beiden Geldhäuser (Sparkasse Günzburg–Krumbach und Sparkasse Neu-Ulm–Illertissen) ernsthaft erwogen worden. Es lag auch an den beiden damaligen Vorstandsvorsitzenden Walter Pache (Günzburg) und Armin Brugger (Neu-Ulm), dass das Reservoir an Gemeinsamkeiten überschaubar blieb und die Verschmelzung schließlich nicht zustande kam.
In der Frage des Erhalts des BeGünzburg für Bank-Auszubildende sind sich Brugger und Pache-Nachfolger Daniel Gastl aber einig. Denn wenn Günzburg für diese Berufsgruppe nicht mehr Schulstandort wäre, dann müssten Azubis womöglich bis nach Augsburg fahren. Eine Vorstellung, die sich die beiden Chefs der Sparkassen besser nicht weiter ausmalen wollen.
Ein wohnortnaher beruflicher Unterricht ist für Gastl ein wichtiger Garant dafür, auch weiterhin in der Region junge Leute zu finden mit der Bereitschaft, sich für ein Kreditinstitut als Arbeitgeber zu entscheiden. Günzburgs Landrat Hubert Hafner ergänzt: „Bevor ein weiter Anfahrtsweg für den beruflichen Unterricht in Kauf genommen wird, kann es gut sein, dass die Betroffenen dann artverwandte Berufe wählen“– aber eben nicht mehr den des Bankkaufmanns. Der Landrat – zugleich Sprecher aller schwäbischen Landräte – wusste nichts von den Vorgängen und hat auf Anfrage dieser Zeitung davon erfahren. Der Landkreis Günzburg ist Sachaufwandsträger des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums.
Ein anderer schwäbischer Sprecher – nämlich der der Sparkassen – soll gegenüber der Bezirksregierung seinen Standpunkt darlegen.
Gastl will in einem Schreiben deutlich machen, wie wichtig die Berufsschule in Günzburg für alle Häuser ist, die Bankkaufleute ausbilden. Berufsschulchef Neumann spricht von „nahezu allen“Kreditrufsschulstandorts instituten im Landkreis Günzburg, die dies tun. Und wenn es einmal nicht gelänge, geeignete Auszubildende zu finden, dann „hat das nichts mit dem fehlenden Willen der Banken zu tun“. Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse GünzburgKrumbach bekennt sich zum Berufsschulstandort, der in unmittelbarer Nachbarschaft zur Günzburger Zentrale liegt. Auch in Zukunft werde die Sparkasse Auszubildende in ausreichender Anzahl in die Berufsschule schicken.
Unterstützung bekommt der Bankchef auch außerhalb der Sparkasse. Stefan Fross, der Vorstand der VR-Bank Donau Mindel, hält den Berufsschulstandort Günzburg in Bezug auf Bankkaufleute für essenziell. Er will weitere Entscheider aus dem Bereich der Genossenschaftsbanken in der Region mobilisieren.
Nach den Informationen des CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter (Ichenhausen), will das Kultusministerium bis Mai 2020 alle Informationen beieinander haben und dann bewerten. Andere Beobachter gehen davon aus, dass dies schon früher der Fall sein wird.
Derzeit werden bayernweit an 55 Standorten Bankkaufleute unterrichtet. In Schwaben sind es die Standorte Marktoberdorf, Augsburg, Donauwörth, Lindau (Bodensee), Günzburg, Kempten (Allgäu) und Memmingen. Seit dem Schuljahr 2015 sind die Ausbildungszahlen in Bayern im Ausbildungsberuf „Bankkaufmann/-kauffrau“um rund ein Drittel zurückgegangen, heißt es in einer Antwort des Kultusministeriums auf die Anfrage unserer Zeitung. In Schwaben hat sich die Auszubildendenzahl im Schuljahr 2018/2019 stabilisiert.
Das Ministerium macht die Zukunft eines Standortes in Bezug auf die Bankkaufleute auch abhängig vom Einstellungsverhalten der Banken.