Mittelschwaebische Nachrichten
Die Kirche mit dem höchsten Turm
Kirchengeschichte Das Ulmer Münster ist die größte protestantische Kirche in Deutschland
Krumbach Der Weiterbau des Kölner Domes, der jahrhundertelang als Torso das Stadtbild prägte, hat auch in Ulm dazu geführt die Bauarbeiten am Ulmer Münster wieder aufzunehmen, die 1543 mit Ratsbeschluss beendet worden waren. 1842 hat der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Grundstein zur Vollendung des Kölner Domes gelegt. Damit wollte er die katholischen Rheinländer mit Preußen versöhnen. Die „Kölner Wirren“, die zur Verhaftung des Kölner Erzbischofs geführt hatten, waren nicht ohne Gesichtsverlust für Preußen geblieben. Der Dombau sollte für eine Verbesserung der Stimmung sorgen.
Die Ulmer, in deren Besitz das Münster war, wandten sich an den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Er möge nicht nur ein katholisches Gotteshaus unterstützen, sondern auch die größte protestantische Kirche in Deutschland: das Ulmer Münster. In allen evangelischen Kirchen Preußens wurde daraufhin für den Weiterbau des Ulmer Münsters gesammelt. Das Spendenergebnis war erheblich. Man wollte sich von den Katholiken nicht übertrumpfen lassen. Schon 1844 konnte weitergebaut werden.
Die Grundsteinlegung des Ulmer Münsters „Unserer Lieben Frau in Ulm“, also Notre Dame von Ulm, erfolgte am 30. Juni 1377. Eine ganze Reihe der Parler Familie, allesamt bedeutende Baumeister, zeichnete verantwortlich. 1405 konnte das Münster geweiht werden. Man baute weiter, aber mehr als einmal drohte der Einsturz. Es mussten immer wieder neue bauliche Veränderungen vorgenommen werden, um die Statik zu sichern. Der Bau verschlang viel Geld und als die wirtschaftliche Lage der freien Reichsstadt schwieriger wurde, fehlten auch die Spenden. 1530 schloss sich Ulm per Ratsbeschluss der Reformation an. Das bedeutete das endgültige „Aus“für den Münsterbau. 60 Altäre des Münsters standen damals zum Verkauf. Die Ulmer machten keinen Bildersturm, sondern nur ein Geschäft. Das allerdings wegen Überangebot nicht allzu üppig ausfiel.
Die Wiederentdeckung der Gotik und die Begeisterung für den Kölner Dombau sensibilisierte auch die Ulmer und viele Protestanten. 1880 war der Kölner Dom vollendet und zehn Jahre später war es auch in Ulm so weit. Der Turm des Ulmer Münsters wurde vier Meter höher als der Kölner Südturm. Er misst 161,53 Meter. Dies sei jedoch nicht aus Prestigegründen geschehen, sondern allein aus ästhetischen Gründen gemacht worden. Es ist der höchste Kirchturm der Welt.
Am 31. Mai 1890 stand der Münsterpfarrer Christian Ludwig Ernst um 6 Uhr abends auf der Helmkrangalerie des Westturms des Münsters und sprach nach dem Posaunenchoral „Nun danket alle Gott“ein Gebet des Dankes, dann wurde der Schlussstein der beiden Kreuzblumen von den Handwerkern gesetzt. Eine Urkunde wurde in den Stein gesenkt. Sie lautet: „Im Jahr des Heils 1890, des 20. im neuen Deutschen Reich, dem 26. der Regierung Sr. Maj. des Königs Karl von Württemberg, am 31. Mai abends 6 Uhr ist der Schlussstein der Kreuzblume zum Hauptturm dieses Münsters aufgesetzt worden. 513 Jahre nach der Grundsteinlegung wird dieses größte Gotteshaus in deutschen Landen glücklich vollendet“.
Als Ulm am 17. Dezember 1944 einen der schwersten Bombenangriffe erlebte, wurden Häuser rund um den Münsterplatz zerstört, aber das Ulmer Münster hat nur eine geringe Beschädigung erlitten sehr im Gegensatz zum Kölner Dom. Die Baulast des Ulmer Münsters hat die Stadt schon Ende des 19. Jahrhunderts an die evangelische Münstergemeinde abgegeben.