Mittelschwaebische Nachrichten
Ordnung im Kopf
Lernen Wo das Spicken ausdrücklich erlaubt ist
Liebe Kinder, dies soll kein Aufruf zur unerlaubten Nachahmung sein. Es ist zwar manchmal prickelnd und tricky, scheinbar schlauer als der Lehrer zu sein. Aber der „Unterschleif“ist in der Schule verboten.
Unterschleif? Kenn ich nicht, werdet ihr sagen. Da habt ihr auch ein bisschen recht. Aber allein in 50 bayerischen Vorschriften kommt dieses veraltet klingende Wort vor, fast immer hat es was mit Prüfungen zu tun. Im Süddeutschen steht es dafür, sich unerlaubter Hilfe zu bedienen. Und damit sind wir beim eigentlichen Thema: dem Spickzettel. Der Professor auf dem Bild hält zwei eng beschriebene Exemplare aus seiner großen Sammlung in der Hand. Er findet sie gut und erlaubt sie sogar in Prüfungen seinen Studenten der höheren Semester. Ein einziges DIN-A4-Blatt voller handschriftlicher Notizen, das sei kein Unterschleif. In der Schule ist Spicken ein Betrugsversuch. Dafür gibt es eine 6, die Prüfung ist nicht bestanden. Gerold Gerlach ist mit seinen 61 Jahren ein erfahrener Professor für Festkörperelektronik an der Universität in Dresden. Seine Studenten müssen viel lernen, und er weiß, dass das nicht immer Spaß macht. Aber Spickzettel – vor allem, wenn sie erlaubt sind – können helfen, Ordnung im Kopf zu schaffen, sagt er. Wenn nur das Wichtige auf dem winzigen Platz notiert und das Unwichtige weggelassen wird. Auch das gehöre zum Wissen. Deshalb finden der Professor und andere Universitätskollegen das Spicken manchmal ganz gut.
Was lernen wir daraus, liebe Kinder? Ihr könnt so viele Spickzettel schreiben, wie ihr wollt, solange es euch dabei hilft, noch besser zu lernen. Aber lasst sie bitte daheim.