Mittelschwaebische Nachrichten
Neonazi-Netzwerk in Nordschwaben?
Extremismus Der Verfassungsschutz beobachtet drei Organisationen. Sie sollen rechtsextremistische Positionen mit lokalpolitischen Themen verschleiern. Was die Betroffenen dazu sagen
Dillingen Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat ein mutmaßlich rechtsextremistisches Netzwerk im Landkreis Dillingen im Visier. Wie Pressesprecher Sönke Meußer auf Anfrage mitteilt, gehören diesem Netzwerk die „Bürgerinitiative für Wertingen und Stadtteile“(BIW), der Blog „Brennpunkt Nordschwaben“und das Projekt „Heimat Nordschwaben“an. Das Landesamt hat das Netzwerk zum Beobachtungsobjekt erklärt. Laut Meußer liegen „hinreichend gewichtige, tatsächliche Anhaltspunkte“vor, dass das Netzwerk gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik agiere. Es richte sich mit der BIW, dem als Sprachrohr der Bürgerinitiative dienenden Blog „Brennpunkt Nordschwaben“und dem damit eng verbundenen Projekt „Heimat Nordschwaben“unter mehreren Bezeichnungen an die Öffentlichkeit. Meußer erklärt: „Dabei wird der rechtsextremistische Hintergrund des Netzwerkes in der Regel nicht sofort ersichtlich beziehungsweise verschleiert.“
Die Zusammenhänge des Netzwerkes ergeben sich seinen Worten zufolge vor allem aufgrund der handelnden Personen, die sich in verschiedenen Teilen des Netzwerks maßgeblich betätigen. „Zudem bestanden und bestehen zwischen den Protagonisten des Netzwerks und anderen rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien personelle Überschneidungen“, betont Meußer. Der Blog „Brennpunkt Nordschwaben“habe etwa über ein Vernetzungstreffen berichtet, an dem neben der BIW auch Vertreter der rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IB) sowie des identitären Projekts „Alternative Help Association“(AHA) teilgenommen haben. Ziel sei es gewesen, ein „Bürgernetzwerk für den süddeutschen Raum ins Leben“zu rufen. Auf „Brennpunkt Nordschwaben“sei zudem unverhohlen für die Identitäre Bewegung geworben worden. Auch zur NPD bestehen laut Verfassungsschutz Bezüge.
In öffentlichen Äußerungen seien auch Versatzstücke rechtsextremistischer Ideologie erkennbar geworden, sagt Meußer. Im Blog „Brennpunkt Nordschwaben“ergäben sich Anhaltspunkte für ein kollektivistisches Volksverständnis. Ein Beitrag, der sich mit dem Ankerzentrum in Donauwörth und der Kriminalitätsstatistik in der Region befasst, enthalte den Satz: „Bei überfallartigen Vergewaltigungen sind 50 Prozent der Tatverdächtigen Zuwanderer (BRD-Staatsbürger mit Migrationshintergrund nicht eingerechnet).“Die Formulierung lasse darauf schließen, dass hier „innerhalb der Gruppe deutscher Staatsangehöriger zwischen ‚Volkszugehörigen‘ und Deutschen mit Migrationshintergrund unterschieden wird“.
Das Vorgehen habe ein klares Muster. „Um die eigenen rechtsextremistischen Grundpositionen zu verschleiern und für breitere Bevölkerungsschichten anschlussfähig zu werden, bedienen sich die einzelnen Teile des Netzwerks unter anderem aktueller lokal- und kommunalpolitischer Themen“, sagt der Sprecher. So berichteten sowohl „Brennpunkt Nordschwaben“als auch „Heimat Nordschwaben“über die Flutpolder-Diskussion in der Region. Auch die Bürgerinitiative Wertingen sei wiederholt mit dieser Thematik an die Öffentlichkeit getreten. Die BIW versuche generell, sich einen bürgerlichen Anstrich zu geben und die kommunalpolitische Arbeit in den Vordergrund zu stellen. So berichte „Brennpunkt Nordschwaben“ausführlich über Wertinger Verkehrsprojekte.
Die Protagonisten des Netzwerks nennt das Landesamt namentlich nicht. Für die BIW ist dies nach Informationen unserer Zeitung Peter Seefried, der für die Bürgerinitiative im Wertinger Stadtrat und für die Republikaner im Dillinger Kreistag sitzt. Und bei „Brennpunkt Nordschwaben“steht Hubert Mayer im Impressum, der auch Sprecher der Bürgerinitiative „Rettet das Donauried“ist und zusammen mit Michael Audibert den Arbeitskreis „Heimat Nordschwaben“gegründet hat, der einen Gegenpart zur gegenwärtigen Umweltpolitik bilden will. Mayer weist die Vorwürfe des Landesamts, dass er gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung agiere, als „hanebüchen“zurück. Er selbst habe bereits mehr als 50 Flugblätter verfasst, die Inhalte seien alle durch die Meinungsfreiheit gedeckt gewesen. Mayer hält das Vorgehen der Verfassungsschützer ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen für parteipolitisch motiviert. Dies sei „eine Retourkutsche der CSU“, die Angst habe, Stimmen an die AfD zu verlieren, und versuche, Leute auszugrenzen. Auch Peter Seefried zeigte sich entsetzt. Er sei dagegen, dass der Kreis Dillingen bei Hochwasser geflutet wird. Dafür lasse er sich von den politisch Verantwortlichen „nicht kriminalisieren“.
Einer der Protagonisten ist Republikaner-Kreisrat