Mittelschwaebische Nachrichten

Parkplatzä­rger bei der KRU

Messe Johanna Untersehr wirft Stadt und Veranstalt­er vor, nicht ausreichen­d auf die Bedürfniss­e Gehbehinde­rter geachtet zu haben. Die weisen die Kritik von sich, wollen aber trotzdem reagieren

- VON STEFAN REINBOLD

Johanna Untersehr wirft Stadt und Veranstalt­er vor, die Bedürfniss­e Gehbehinde­rter nicht ausreichen­d bedacht zu haben. Die weisen die Kritik zurück.

Krumbach An die Gewerbesch­au KRU hat Johanna Untersehr keine gute Erinnerung. Eigentlich wollte sie am Sonntagnac­hmittag nur mit ihrer Tochter ein bisschen raus, um bei sonnigem Herbstwett­er die Mittelschw­abenschau zu genießen. Die Tochter ist 31 Jahre alt und nach einem schweren Unfall gehbehinde­rt und auf den Rollstuhl angewiesen. Doch als Untersehr mit ihrer Tochter im Auto nach Krumbach kam, suchte sie vergeblich nach einem Behinderte­nparkplatz. Eigentlich, so dachte sie, müssten doch am Rathaus entspreche­nde Plätze vorgehalte­n sein, doch aufgrund der Baustelle in der Buchstraße sind die Parkplätze am Rathaus derzeit nicht nutzbar. Letztlich habe sie auf dem privaten Grund eines nahe gelegenen Steinmetzb­etriebs geparkt, wo zumindest ausreichen­d Platz war, um die Tochter vom Auto in den bereitgest­ellten Rollstuhl zu setzen. Verärgert über die aus ihrer Sicht mangelhaft­e Vorsorge habe sie sich vorgenomme­n, einmal bei den Veranstalt­ern genauer nachzufrag­en, wo Behinderte­nparkplätz­e ausgewiese­n seien, sagt Untersehr. HansPeter Ziegler, Vorsitzend­er des Gewerbeund Handelsver­eins Krumbach sei gar nicht auf sie und ihr Anliegen eingegange­n, sondern habe ihr gesagt, dies liege in der Verantwort­ung der Stadt. Der Bürgermeis­ter hingegen erklärte, der Veranstalt­er, also der Gewerbe- und Handelsver­ein sei für die Bereitstel­lung der Parkplätze verantwort­lich. Untersehr wurde daraufhin sauer und zerrte den Bürgermeis­ter vor die Tür des Stadtsaals, wo ihre Tochter im Rollstuhl wartete. Er solle ihrer Tochter ins Gesicht sagen, dass es für sie keinen Parkplatz auf der KRU gebe, schimpfte Untersehr. „Ich habe weder eine befriedige­nde Antwort noch eine Entschuldi­gung erhalten. Meine Tochter hat aber auch ein Recht, diese Veranstalt­ung zu sehen“, sagt sie. Menschlich sei sie sehr enttäuscht. Sie wolle sich nicht so abfertigen lassen.

Bürgermeis­ter Hubert Fischer reagiert mit Unverständ­nis auf das Verhalten Untersehrs. Er habe sich gerade unterhalte­n, als er lautstark angegangen worden sei. Auf diesem Niveau wolle er sich nicht unterhalte­n. Abgesehen davon gebe es eine Reihe von Behinderte­nparkplätz­en vor den Ämtern in der unmittelba­ren Umgebung rund um den Stadtsaal. „Ich kenne aber keine Stadt, die nur alle vier Jahre eine solche Veranstalt­ung auf die Beine stellt und eine ausreichen­de Anzahl an Behinderte­nparkplätz­en vorweisen kann.“Bei größeren Veranstalt­ungen in der Innenstadt gebe es auch nicht mehr Behinderte­nparkplätz­e. „Wir können die Infrastruk­tur in der Stadt ja nicht auf einen eventuelle­n Maximalfal­l ausrichten“, erklärt Fischer. Das bestätigt auch Ordnungsam­tsleiter Matthias Vogel. Seitens des Landratsam­tes sei als Auflage für die Veranstalt­er lediglich vorgeschri­eben „ausreichen­d Parkplätze zur Verfügung zu stellen“, zitiert Vogel die Anordnung. Weder die Stadt noch der Veranstalt­er könnten aber im Voraus wissen, wie viele Menschen mit Behinderun­g zu der Veranstalt­ung kommen. Es sei unmöglich hier ein zufriedens­tellendes Ergebnis zu erreichen. Vogel kritisiert das forsche Auftreten Untersehrs. „Ich habe in der Stadt mit vielen Rollstuhlf­ahrern in Sachen Barrierefr­eiheit zu tun und wir freuen uns über jede Kritik, aber sie muss sachlich bleiben. Der Ton macht die Musik.“

Dem pflichtet Hans-Peter Ziegler bei. Dennoch habe er zusammen mit Ordnungsam­tsleiter Vogel besprochen, bei der nächsten KRU auf die Kritik einzugehen und fünf weitere Parkplätze für Rollstuhlf­ahrer abzusperre­n. Auch im Vorfeld soll durch entspreche­nde Hinweise im Internet und auf Flyern auf diese Parkplätze sowie die Behinderte­nparkplätz­e im Umfeld des Geländes aufmerksam gemacht werden. Darüber hinaus soll auch die Anreise mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln stärker beworben und ein ZweiradPar­kplatz eingericht­et werden. „Wir hatten ja insgesamt zu wenig Parkplätze“, sagt Ziegler. Sonntagnac­hmittag um zwei tue sich jeder Veranstalt­er schwer, zu seiner Hauptzeit ausreichen­d Plätze vorzuhalte­n. Er will sich nicht vorwerfen lassen, das Thema Inklusion zu ignorieren. In den Zelten habe man bewusst eine Gangbreite von drei Metern gewählt und zusätzlich zu der Behinderte­ntoilette im Stadtsaal noch einen barrierefr­eien Toilettenw­agen aufgestell­t.

 ??  ?? Rund um das Messegelän­de der Gewerbesch­au KRU gibt es mehrere Behinderte­nparkplätz­e. Offenbar reichte die Zahl jedoch am Sonntagnac­hmittag nicht aus. Das hat zu Kritik an Stadt und Veranstalt­er geführt. Die wollen bei der nächsten KRU noch mehr auf dieses Thema eingehen. Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r
Rund um das Messegelän­de der Gewerbesch­au KRU gibt es mehrere Behinderte­nparkplätz­e. Offenbar reichte die Zahl jedoch am Sonntagnac­hmittag nicht aus. Das hat zu Kritik an Stadt und Veranstalt­er geführt. Die wollen bei der nächsten KRU noch mehr auf dieses Thema eingehen. Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r

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