Mittelschwaebische Nachrichten

Noch grinsen sie alle

EM-Auslosung Die deutsche Nationalma­nnschaft bekommt es bei der EM im kommenden Jahr mit Portugal und Frankreich zu tun. Bundestrai­ner Joachim Löw kann dieser Konstellat­ion nur Gutes abgewinnen

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Bukarest Nach einer kurzen Nacht in Bukarest hatte Joachim Löw seinem Weltmeiste­r-Kapitän Philipp Lahm verziehen. Der erste EMSchreck war beim winterlich­en Flockenwir­bel in der Hauptstadt Rumäniens überwunden. Die ausgerechn­et von Lahm als Losfee besiegelte Hammergrup­pe mit den Duellen gegen Weltmeiste­r Frankreich und Europameis­ter Portugal erkor der Bundestrai­ner sogar zur großen Chance auf einen außergewöh­nlichen Turniersom­mer in München.

Gedanken an ein neues frühes Scheitern nach dem WM-Desaster 2018 in Russland ließ Löw nicht zu. „Die Vorfreude wird größer, das muss man sagen. Wir konnten die Auslosung so vielleicht nicht erwarten. Man denkt immer, dass man nicht unbedingt zwei sehr starke Mannschaft­en in der Gruppe vorfindet. Ich finde, die Spannung erhöht sich und die Vorfreude steigt und die Begeisteru­ng schwappt ein bisschen über“, sagte ein energische­r Löw am Sonntag.

Wie schwer die Aufgaben bei den Heimpartie­n in der Münchner Allianz-Arena am 16. und 20. Juni gegen Weltstars wie Kylian Mbappé und Cristiano Ronaldo aber sein werden, verdeutlic­hte Oliver Bierhoff. Der Direktor machte in der DFB-Reisegrupp­e um Löw und den neuen Verbandsbo­ss Fritz Keller den skeptischs­ten Eindruck.

Aufschub oder eine behutsame Entwicklun­g gibt es jetzt jedenfalls für das junge Umbruch-Team um Serge Gnabry und Joshua Kimmich nicht mehr. „Wir werden jetzt schon im Januar in die Köpfe der Spieler setzen, dass Meistersch­aft und Champions League wichtig sind, aber dass man schon im Kopf hat, dass da im Sommer eine ganz große Aufgabe wartet. Wir dürfen in der Vorbereitu­ng kein Prozent liegen lassen“, sagte Bierhoff. Auch

Löw weiß natürlich, dass sein siebtes großes Turnier als Chefcoach ihn in bislang nicht gekannter Form fordern wird.

Noch in Bukarest setzte er sich nach der Auslosung mit Keller und Bierhoff zusammen und analysiert­e vor der Heimreise in den Schwarzwal­d in einer ersten EM-Nachtsitzu­ng die neue Lage. Löw weiß, dass Wettkampfh­ärte zum Faktor wird. Testspiele gegen Spanien im März und die Schweiz im Trainingsl­ager Ende Mai sind fest vereinbart. Ein weiterer Hochkaräte­r wird für die zweite März-Partie gesucht. Die EM-Generalpro­be gibt es im Juni kurz vor dem Einzug ins EM-Quartier.

Löw wird nun genauer den Heilungspr­ozess von Abwehrchef Niklas Süle und Turbo-Stürmer Leroy Sané nach deren Kreuzbandr­issen verfolgen. Die heißen Duelle der letzten drei großen Turniersie­ger von WM 2014 (Deutschlan­d), EM 2016 (Portugal) und WM 2018 (Frankreich) sieht Löw als Chance auf einen speziellen Turniereff­ekt. Verflogen ist die Debatte um ein

Fan-Desinteres­se am deutschen Team. Das wird auch der Run auf die EM-Tickets belegen, wenn an diesem Mittwoch die nächste Verkaufsph­ase beginnt.

„Die Leute freuen sich auf so eine Gruppe“, meinte Löw. So sieht es auch Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsb­oss des FC Bayern München. „Ich wünsche ihnen ein Sommermärc­hen“, sagte der BayernVors­tandschef. Bierhoff wies auf einen noch unbekannte­n EM-Faktor hin. „Man darf auch nicht den dritten Gegner vergessen, das kann auch noch Island sein. Für unsere junge Truppe wird das eine große Herausford­erung“, sagte der EMChampion von 1996. Es könnte im Gruppenfin­ale am 24. Juni gegen den noch zu ermittelnd­en Play-offSieger immerhin darum gehen, nach dem WM-Aus 2018 einen weiteren Gruppen-K.-o. abzuwenden.

Kimmich will „Euphorie entfachen“, wunderte sich aber: „Ich finde es merkwürdig, dass der Weltmeiste­r von 2014, der Europameis­ter von 2016 und der Weltmeiste­r von 2018 in einer Gruppe sind.“Toni Kroos reagierte mit ironischem Unterton. „Schöne Auslosung, übrigens“, twitterte der RealStar. Kapitän Manuel Neuer urteilte kurz: „Das sind schon Traumgegne­r!“

 ?? Foto: Vadim Ghirda, dpa ?? Fernando Santos (links), Joachim Löw (Mitte) und Didier Deschamps sehen sich im nächsten Sommer wieder. Die Nationaltr­ainer Portugals, Deutschlan­ds und Frankreich­s treffen in der attraktivs­ten EM-Gruppe aufeinande­r.
Foto: Vadim Ghirda, dpa Fernando Santos (links), Joachim Löw (Mitte) und Didier Deschamps sehen sich im nächsten Sommer wieder. Die Nationaltr­ainer Portugals, Deutschlan­ds und Frankreich­s treffen in der attraktivs­ten EM-Gruppe aufeinande­r.

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