Mittelschwaebische Nachrichten
Kögel macht die Konjunktur zu schaffen
Unternehmen Das Rekordjahr 2018 ist nur noch Erinnerung. Leiharbeiter produzieren am Stammsitz in Burtenbach seit Monaten nicht mehr. Zum Teil gibt es Kurzarbeit. Und dennoch ist der Geschäftsleitung des Trailerherstellers nicht bange
Dem Trailerhersteller Kögel in Burtenbach geht es nicht mehr so gut wie im Rekordjahr 2018. Was das für Auswirkungen hat.
Günzburg Es läuft nicht mehr so rund bei Kögel in Burtenbach wie noch vor Jahresfrist. Damals waren die Auftragsbücher dick gefüllt. Die Beschäftigten des Trailerherstellers kamen mit der Arbeit kaum hinterher. Ein Teil der Bestellungen von 2018 musste erst noch zu Beginn dieses Jahres abgearbeitet werden. Dem Rekordjahr folgte ein Einbruch. Das erklärt Thomas Heckel, einer von insgesamt vier Geschäftsführern folgendermaßen: „Die Branche Transport und Logistik verhält sich zyklisch. Wir sind im Prinzip eine Art Frühwarnsystem für die gesamte Wirtschaft.“
Josef Warmeling, ein weiterer Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens, setzt hinzu: „Leichter als den Erwerb von Lastwagen zu verschieben, die ja in Leasing-Zyklen eingebunden sind, ist es, den Kauf eines Aufliegers noch um ein, zwei Jahre hinauszuzögern.“
Das hat Kögel in Burtenbach gemerkt. Der an die Produktionshallen angrenzende Riesenstellplatz für die neuen Trailer ist längst nicht mehr so gefüllt wie noch im Vorjahr. Aber er erscheint mit derzeit etwa 1500 Aufliegern auch nicht „wie eine Wüste – leer“, wie es in einem anonymen Schreiben mit der Überschrift „Kögel in der Krise“heißt, das seit drei Wochen kursiert. Und alle Trailer, die vor den Werkstoren abgestellt sind, die „sind bestellt, gekauft und bezahlt“, sagt Heckel.
Was die Firmenverantwortlichen nun anders als noch die Vorgänger in den Jahren 2008 und 2009 gemacht hätten: Sie hätten weniger produzieren lassen und nicht darauf vertraut, dass eine Konjunkturdelle rasch überwunden sei.
So ähnlich muss die Erwartungshaltung damals gewesen sein. Die Realität aber sah anders aus. Die Rezession erfasste weltweit die Finanzmärkte und damit auch die Wirtschaft. Die Überproduktion bei einem erheblichen Rückgang von Kundenbestellungen führte zu einem dramatischen Preisverfall.
Als Ulrich Humbaur das Unternehmen 2009 übernommen hat, waren noch 421 feste Mitarbeiter am Standort Burtenbach tätig. Ende des vergangenen Jahres zählte die
Stammbelegschaft 715 Beschäftigte. Leiharbeiter sind da noch nicht eingerechnet.
Tatsächlich arbeiteten im vergangenen Boomjahr bis zu 150 Personen von Leiharbeitsfirmen in der Trailerproduktion mit. Inzwischen sind alle diese Arbeitskräfte nicht mehr bei Kögel. Einen Leiharbeitsplatz kann man nach Auskunft des Unternehmens mit Ankündigung nach einer Woche abbauen. Davon hat Kögel Gebrauch gemacht. Einen Leiharbeiter gibt es derzeit nicht mehr. „Egal, wie man zu diesem Instrument steht. Für uns ist es wie Luft zum Atmen“, sagt Manager Heckel.
Dass es für die Stammbelegschaft ab diesem Jahr kein Weihnachtsgeld mehr gibt, ist Teil einer Betriebsvereinbarung, die die Gewerkschaft IG Metall mit Kögel im vergangenen Jahr geschlossen hat. Es ist gewissermaßen der Beitrag der Arbeitnehmer zu einer Sicherung des Standorts. Das Unternehmen hat bis 2026 eine Standortgarantie gegeben und gleichzeitig betriebsbedingte Kündigungen und Arbeitsplatz- sowie Betriebsverlagerungen ausgeschlossen.
Gleichwohl ist der konjunkturelle Einbruch nicht spurlos an dem Betrieb vorübergegangen. In der Produktion macht der Anteil der augenblicklichen Kurzarbeit im Schnitt zehn Prozent aus. Die Hauptlinie, erklärt der technische Geschäftsführer Thomas Eschey, ist davon nicht betroffen. In der Verwaltung liegt die Kurzarbeit bei 20 Prozent.
Das habe Kögel jedoch nicht davon abgehalten, 2019 weiter kontinuierlich zu investieren. Eschey spricht von insgesamt 3,5 Millionen Euro in diesem Jahr. Das Geld sei nicht nur in die Instandhaltung geflossen, sondern auch in eine hochautomatisierte Schweißanlage mit
Schweißrobotern und in die Modernisierung der Pulverbeschichtung, obwohl dies von den Umweltvorgaben her noch gar nicht notwendig gewesen sei.
Heckel ist frohen Mutes, dass die Talsohle inzwischen durchschritten ist, was sich auch an den Auftragseingängen bemerkbar mache. „Die Transportbranche wird sich noch ausweiten. Und wir sind mit der Kombifähigkeit unserer Auflieger für Straße, Schiene und Fähre gut gerüstet.“Um aber weniger von den Trailern, die mit einer Plane abgeschlossen werden, abhängig zu sein, sollen künftig verstärkt Koffer- und Kühlkofferauflieger (also mit festem Rundumaufbau) hergestellt werden. Die dienen dann beispielsweise dem Transport von hochwertigen elektronischen Geräten und Lebensmitteln. Die Geschäftsleitung plant deshalb ein eigenes Werk mit bis zu 150 Mitarbeitern. Am besten sollte der Spatenstich bereits 2020 erfolgen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Denn die benötigte Fläche in Burtenbach steht für dieses Bauvorhaben bisher jedenfalls nicht zur Verfügung.