Mittelschwaebische Nachrichten

Warum die Koalition jetzt ihre Standfesti­gkeit beweisen muss

Nach dem SPD-Mitglieder­entscheid wird viel über ein Ende der GroKo geredet. Dabei sollten Schwarz und Rot erst einmal im eigenen Stall ausmisten

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Vielleicht wäre es für den politische­n Frieden in Deutschlan­d gerade besser, wenn Annegret Kramp-Karrenbaue­r nicht CDU-Vorsitzend­e wäre. Denn AKK hat Erfahrung damit, eine Regierung platzen zu lassen. Im Januar 2012 kündigte die damalige Ministerpr­äsidentin im Saarland die Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen auf und ging eine Polit-Ehe mit der Landes-SPD ein. Knapp acht Jahre später ist vor allem interessan­t, wie Kramp-Karrenbaue­r ihren Schritt begründete.

Sie führte nämlich einen „Zustand der Zerrüttung“beim bisherigen Koalitions­partner FDP ins Feld. Eine „Rückkehr zur Ordnung“sei bei den Liberalen „in absehbarer Zeit“nicht mehr zu erwarten. Setzt man „SPD“anstelle von „FDP“, dann ist damit auch der Zustand ganz gut beschriebe­n, in dem sich der kleine Koalitions­partner der großen Union im Bund gerade befindet. Es bleibt gleichwohl zu hoffen, dass Kramp-Karrenbaue­r sich ihres damaligen Putsches nicht mehr so gut erinnert oder allenfalls noch im Kopf hat, dass es anschließe­nd mit der SPD ganz gut lief. Denn Deutschlan­d kann gerade viele Dinge gebrauchen, eine geplatzte Regierung gehört aber nicht dazu.

Klar, es wird dieser Tage viel von einer „ungeliebte­n Koalition“geredet. Und daraus wiederum der Schluss abgeleitet, die Bürgerinne­n und Bürger hätten von Merkel und Co. die Nase voll.

In der Tat sind die Beliebthei­tswerte der GroKo seit Unterzeich­nung des Koalitions­vertrages eingebroch­en. Eine Bundesregi­erung wird in Deutschlan­d allerdings aus gutem Grund für vier Jahre gewählt. Der Gesetzgebe­r hat bei dieser Frist im Auge gehabt, dass sich Koalitions­partner erst einmal finden müssen. Die vierjährig­e Legislatur­periode soll für Stabilität sorgen, und auch deshalb stehen vor Neuwahlen so hohe Hürden.

Was gerade „ungeliebte Koalition“genannt wird, ist in Wahrheit eine Unzufriede­nheit mit den Parteien, die wiederum auf die Regierung abfärbt. Und nicht umgekehrt.

Denn die Wähler können mit der Regierungs­arbeit ganz zufrieden sein. Gemeckert wird immer, aber unterm Strich bietet die Koalition für Schwarze wie Rote etwas. SPDAnhänge­r können sich beispielsw­eise über die Grundrente freuen, Unions-Anhänger über einen Haushalt ohne neue Schulden.

Die Zeiten werden nicht leichter. Aber wo kämen wir hin, wenn eine Regierung bei Anzeichen von Problemen einfach hinwerfen dürfte? Ganz im Gegenteil, gerade in Krisenzeit­en muss eine Regierung zeigen, was sie kann – was SchwarzRot bei Ausbruch der Finanzkris­e 2007/2008 im Übrigen ja auch ganz gut gelang.

Wenn also die Regierung Standfesti­gkeit beweisen muss, dann gilt das für die sie tragenden Parteien erst recht. Die CSU hat es gerade vorgemacht und sich nach turbulente­n Zeiten während der Flüchtling­skrise wieder ihrer eigenen Kraft erinnert. Die CDU versucht derzeit, zu alter Stärke zurückzuge­langen. Ihre Vorsitzend­e KrampKarre­nbauer hat bis zum Wahlpartei­tag in einem Jahr Zeit, die Verhältnis­se zu ordnen.

Die SPD ist noch nicht so weit. Saskia Esken und Norbert WalterBorj­ans müssen erst einmal die Reihen schließen und eine ehrliche Antwort darauf finden, warum die Wahlbeteil­igung bei der Kandidaten­kür so schlecht war. Und eine Antwort auf die Frage, mit wem die SPD besser regieren könnte als mit der Union. Oder sie müssen schlüssig widerlegen, warum der legendäre Satz von Franz Münteferin­g nicht stimmt, dass Opposition Mist ist. Wenn das geklärt und die Stimmung weiterhin schlecht ist, können sie AKK immer noch fragen, wie man das macht, eine Regierung platzen zu lassen.

Vor einer Neuwahl stehen hohe Hürden

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