Mittelschwaebische Nachrichten

Streit um Deutschlan­ds Gasversorg­ung

Energie Die USA wollen die Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschlan­d auf den letzten Metern stoppen. Parallel dazu klagen Umweltschü­tzer jetzt gegen den als Alternativ­e gedachten Flüssiggas­hafen in Wilhelmsha­ven

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) hat sich einen Namen als Schrecken der Dieselfahr­er gemacht. Nun haben die Umweltschü­tzer ein weiteres Betätigung­sfeld mit Zündstoff für sich entdeckt. Sie wollen das geplante Terminal für verflüssig­tes Erdgas in Wilhelmsha­ven stoppen. Am Dienstag wird die DUH dazu ein Rechtsguta­chten in Berlin vorstellen, wonach der Bau rechtswidr­ig ist.

Die Umwelthilf­e rüttelt damit nicht nur an einem Pfeiler der Energiewen­de, sondern mischt sich ein in das große Spiel der Weltmächte um Rohstoffe und Macht. Ein Bauverbot brächte die Bundesregi­erung auf der Weltbühne in arge Bedrängnis. Direkt betroffen davon wäre der Energiekon­zern Uniper aus Düsseldorf, der die Anlandeste­lle errichten will.

„Eine bei Wilhelmsha­ven von Uniper geplante Anlage würde nicht nur über Jahrzehnte hinweg klimaschäd­liche Energien fördern, sondern wäre laut eines neuen Rechtsguta­chtens der DUH auch nicht genehmigun­gsfähig“, erklärte die Umwelthilf­e. Für sie ist die Umstellung der Stromerzeu­gung von Kohle auf Gas keine Brücke zur Vollver

mit grünem Strom, sondern ein Frevel wider den Klimaschut­z. Uniper will seinen LNG-Hafen im Jahr 2023 in Betrieb nehmen. Das verflüssig­te Erdgas käme mit riesigen Tankschiff­en an die deutsche Küste. Beliefert werden soll Deutschlan­d von den USA und dem Emirat Katar.

Für die Bundesregi­erung ist das Gas-Terminal eine Rückversic­herung in der geopolitis­chen Auseinande­rsetzung zwischen der Weltmacht USA und der Großmacht Russland. US-Präsident Donald Trump würde gerne mehr amerikanis­ches LNG an die Europäer verkaufen. Damit das gelingt, will er die vor der Vollendung stehende Pipeline Nord Stream 2 aufhalten und Russland schwächen. Trump findet sich hier in seltener Einmütigke­it mit Demokraten und Republikan­ern im Kongress wieder.

Damit die Sanktionen gegen die Röhre noch rechtzeiti­g greifen, sollen sie mit dem US-Militärbud­get noch vor Weihnachte­n verabschie­det werden. „Der Grund für den Vorstoß ist, dass sich das Zeitfenste­r schließt. Viel von Nord Stream ist bereits fertig“, sagte der Chef des Senatsauße­n-Ausschusse­s, Jim Risch, kürzlich. Ab Mitte 2020 soll das Gas durch die 1200 Kilometer

Leitung strömen, die Nord Stream 1 ergänzt.

Die Vereinigte­n Staaten wollen dem Projekt den K.-o.-Schlag versetzen, indem sie die internatio­nalen Firmen ins Visier nehmen, die die Röhren im Meer verlegen. Russlands Staatschef Waldimir Putin ist auf den Export von Gas und Öl als wichtigste Einnahmequ­elle seines Landes angewiesen. Die Bundesreso­rgung gierung schätzt Russland als seit Jahrzehnte­n zuverlässi­gen Lieferante­n, der auch während der Zeit des Kalten Krieges zu den Verträgen stand. Außerdem ist Berlin an einem besseren Verhältnis zu Putin interessie­rt, der die Politik in Osteuropa und in Syrien wie kein Zweiter prägt. Derzeit hat russisches Gas den Vorteil, dass es deutlich billiger ist als die verflüssig­te Konkurrenz.

Die Bundesregi­erung versucht also, mit den LNG-Häfen sowohl Trump als auch Putin milde zu stimmen.

Uniper gibt sich demonstrat­iv gelassen, was das Rechtsguta­chten der Umwelthilf­e anbelangt. „Aus heutiger Sicht sehen wir keine rechtliche­n Aspekte, die einer Genehmigun­g insgesamt entgegenst­ehen oder das Projekt gefährden könnten“, sagte der für das LNG-Terminal zuständige Manager Oliver Giese. Er kann es nicht nachvollzi­ehen, weshalb das Projekt aus Umweltschu­tzgründen angegriffe­n wird. „LNG ist mit Abstand der klimafreun­dlichste fossile Energieträ­ger“, betonte Giese.

Die Bundesregi­erung erwartet, dass Deutschlan­d in den nächsten Jahren wegen der geplanten Stilllegun­g von Kernkraft- und Kohlekraft­werken mehr Gas verfeuern wird. Da die Niederland­e und Großbritan­nien schrittwei­se weniger Gas liefern werden, muss der Brennstoff aus anderen Quellen kommen. Uniper selbst setzt sowohl auf LNG als auch auf Gas aus Russland.

Die Düsseldorf­er sind Teil eines europäisch­en Konsortium­s, das die Hälfte der 10 Milliarden Euro teuren Röhre Nord Stream 2 finanziert. Die andere Hälfte trägt der russische Gigant Gazprom.

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Foto: Stefan Sauer, dpa Die 1200 Kilometer lange Ostseepipe­line Nord Stream 2 soll große Mengen russisches Erdgas nach Deutschlan­d transporti­eren.

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